25 Jahre Pridnestrowische Moldawische Republik
Verfasst: 15.09.2015 - 23:57
Servus,
schon im März führte mich ja mein Weg bereits einmal nach Transnistrien, Moldau und in die Ukraine. Den Bericht dazu gibt es ja auch schon hier zu lesen.
Vor wenigen Wochen ging es für mich und meinen Begleiter nochmal in den Osten unseres Kontinents.
Tag 1-2: 29.08.15 - 30.08.15
Anreise und Bukarest
Bucuresti Nord ab 16:00
IR 1665 Iasi
Iasi an 23:09
Wir beginnen unsere Reise diesmal in Stuttgart. Von dort bringt uns eine Fokker 100 der Austrian Airways (oder auch "Fliegende Waschmaschine"...) nach Wien. Eine Stunde Umsteigezeit später, die wir damit verbrachten, uns über diesen unmöglichen Flughafen aufzuregen, ging es dann weiter nach Bukarest.
Vom Flughafen in Bukarest in die Stadt zu kommen ist sehr mühseelig. Es gibt einen Flughafenbahnhof einige Kilometer vom Terminal entfernt. Von dort fährt die CFR in unregelmäßigem Takt Züge in die Stadt; leider sind wir exakt zur 2-Stunden-Lücke am frühen Mittag angekommen. Daher mussten wir leider den städtischen Expressbus nehmen. Was dieser Bus, der an jeder Haltestelle hält, mit "Express" zu tun haben soll, konnte mir leider noch niemand plausibel erklären. Dafür gibt es zwangsweise intimen Körperkontakt mit allen umstehenden Reisenden gratis dazu.
In freudiger Erwartung auf die Stadt deponieren wir also unser Gepäck im Hotel und steigen in die Metro.
...und kommen hier wieder aus dem Untergrund hervor.
Der unglaublich hässliche Piata Uniiri. Aber Hauptsache Telekom und Raiffeisenbank Austria sind auch da.
Ein Haufen Roma, der hier sein Kunsthandwerk verkauft. Im orangefarbenen Busch steht übrigens ein sehr gut getarnter und sich extrem unauffällig verhaltender Polizist, der durch seine unheimlich unauffällige Tarnung starr das Geschehen auf dem Markt beobachtet.
Im südlichen Teil des Brunnens ist sonst wohl ein großes Wasserbecken, leider ist es restlos leer. Hier befand sich früher die Altstadt Bukarests, die allerdings auch zunächst einem Erdbeben teilweise zum Opfer fiel. Der Rest fiel bis auf ein kleines Viertel den feuchten Träumen Ceaucescus zum Opfer, der kurz davor in Nordkorea zu Besuch war und beschloss, so müsse sein Land auch aussehen.
Einzelne Bauten lassen erahnen, dass es hier wohl doch mal ganz hübsch gewesen sein muss
Durch das Stadtzentrum fließt derdiedas Dambovita
Nördlich des Flusses befindet sich der letzte Rest der Altstadt Bukarests, Lipiscani (Leipziger Viertel)
Ansichten aus der Altstadt
Die Nationalbank kann sich sogar ein nagelneues Kupferdach leisten
Typisch für Lipiscani sind die engen Straßen, da der größte Teil der Straßenbreite von Restaurants eingenommen ist
Auch hier kommt man dem Oktoberfest leider nicht aus...
Straßenansicht nahe der Universität
Innenansicht der Metro (neu)
Das ganze gibts aber auch in alt und siffig
Rumänische Architektur zum Niederknien (und den Kopf irgendwie zu in den Bauch zu falten, dass man sie nicht sehen muss)
Der Boulevardul Uniiri, den Ceaucescu mit Monumentalarchitektur zu Zeiten größter wirtschaftlicher Not und menschlichem Leids in die Altstadt Bukarest walzen lies
Den Abschluss stellt das "Haus des Volks" dar, der heutige Parlamentspalast, welcher eines der größten Gebäude Europas ist, und in seiner Gigantomanie nichts außer unendlichen Protz verkörpert
Viele ausgemusterte deutsche Züge erleben in Rumänien ihren zweiten Frühling. Zwei ehemalige VT 24 der Bundesbahn warten am Bahnhof Titan Nord auf Einsätze
Weitere Ansichten aus Lipiscani
In Lipiscani gibt es auch eine kleine Klosteranlage, die wir zwischen zwei Reisebusladungen von Touristen kurz besichtigen konnten
In Lipiscani gibt es auch eine kurze Einkaufsstraße
Bukarest besteht größtenteils aus völlig verfallenen Bauten aus der Ceaucescu-Zeit, zusammengeflanscht mit nagelneuen Bauten, teilweise aus EU-Geldern finanziert, die irgendwie dazwischen kleben. Die Laufbänder in diesem Tunnel sind übrigens defekt.
Für uns war die Anzeigetafel im Gara de Nord in Bukarest ein Pflichtbesuch. Das Ding ist verdammt berühmt, da die CFR auf ihrer Webseite eine Webcam auf diese Anzeige verlinken - das ist dann die rumänische Version von Echtzeit-Information über Verspätungen.
Wir nehmen ab Bucuresti Nord den Zug nach Iasi (gesprochen: "Jasch"), in den Norden des Landes - einer Stadt, die so dermaßen unspektakulär ist, dass uns unsere Mitreisenden im Abteil fragen, warum wir denn bitte da hin wollen und nicht lieber nach Sibiu oder Timisoara. Für uns liegt Iasi aber zum einen auf der Route, zum anderen habe ich einen (genauso wie ich) bahnfanatischen Stuttgarter dabei - und in Iasi wird das Tramnetz fast ausschließlich mit GT4 betrieben - der ehemaligen Standardbaureihe der Stuttgarter Straßenbahn bis zur Umstellung der letzten Trambahnlinie auf Stadtbahnbetrieb 2007.
In Tecuci spannen wir um von Elektro- auf Dieseltraktion. Für die Reisenden gibt es Raucherpause.
Tief in der Nacht kommen wir dann in Iasi an und suchen unser Hotel auf, das sich als ziemlich nobler Schuppen entpuppt. Die Preise auf der Theke sind drei mal so hoch wie das, was wir gebucht haben.
Tag 3: 31.08.15
Iasi » Chisinau
Iasi ab 13:21
R 1064 nach Ungheni
Ungheni an 15:05+3
Ungheni ab 15:34+2
806 nach Chisinau
Chisinau an 19:11
Beton. Schafft Werte für Generationen. Sonderlich viel mehr gibts in Iasi wirklich nicht zu sehen - abgesehen von alten Trambahnen.
Dreht man sich um, sieht es dagegen wieder so aus. Nicht minder geschmackvoll, keine Frage, aber topmodern
Über die Grenze bringt uns dann dieses leicht untermotorisierte Gespann. Der Wagen ist gesteckt voll. Und natürlich belegen die beiden Schaffner ein gesamtes Abteil für sich.
Wir rollen durch Industrieruinen bis zur Brücke vor Ungheni, dem moldauischen Grenzbahnhof, wo die rumänischen Grenzer zusteigen. Die Ausreise geht problemlos und zügig von Statten. Dann rollen wir über die Brücke und der Moldawier steigt zu, haut einen Stempel in den Pass, steigt aus. Wir rollen an den Bahnsteig und purzeln aus dem Zug. Die Passagiere werden in das Empfangsgebäude gelotst, wo die Zollkontrolle stattfindet. An 4 Tischen lassen moldawische Zollbeamte die Koffer von ihren Besitzern vor ihren Augen durchwühlen. Der ranghöchste und älteste darf derweil spielen: Er bedient das Röntgengerät und ist sichtlich fasziniert von dieser Technik. Er kontrolliert deinen Koffer auch nur, wenn er grade keinen anderen da hat, und freut sich sichtlich über meinen, weil viel Elektronikkram drinnen ist, der lustig auf dem Bildschirm aussieht.
Eigentlich hatte uns dann der vordere Zug nach Chisinau bringen sollen - also, das hatten wir erwartet. Ein echt sowjetischer D1, gebaut in Ungarn für riesige Stückzahlen für die sowjetischen Eisenbahnen.
Am Bahnsteig stand dann jedoch dieses Gefährt: Auch das ist ein D1 aus den 60ern. Dieser Wagen hat jedoch 2012 eine Generalüberholung spendiert bekommen und ist der größte Stolz der Moldawischen Eisenbahnen (CFM). Der Zug führt 1. bis 3. Klasse, und für etwas über einen Euro leisten wir uns die 1. Klasse - 2+1-Bestuhlung (und das auf russischer Breitspur*, also noch wesentlich geräumiger als alles europäische), Klimaanlage, WiFi (das leider keine Verbindung zum Internet hat).
* Für alle die den ersten Bericht gelesen haben: Wir sparen uns in Ungheni das Umspuren dadurch, dass wir einfach von Normalspur auf Breitspur umsteigen. Der direkte Zug Bukarest - Chisinau wird dort dennoch noch umgespurt, und die Umspuranlage dort ist wohl der beste Ort um rumänische Flüche und Schimpfwörter zu lernen.
Die Zugfahrt führt durch wunderbare Landschaften im Norden Moldovas.
In unserem Zug sitzen zwei CFM-Mitarbeiter. Der Provodnik (Wagenvorsteher) und der Revisor. Revisoren gibt es häufig in dieser Region; auch im Zug Bukarest - Iasi kam die Zugsrevision. In Rumänien sind die Revisoren dazu da, um zu verhindern, dass die Fahrgäste den Schaffner schmieren (was für die CFR ein echtes Problem darstellt); in Moldova ist der Revisor einfach die zweite Person, der man einen Schein in die Hand drückt.
Dennoch sind beide sehr... fürsorglich. Da unsere Plätze entgegen der Fahrtrichtung sind und der Wagen fast leer ist, fragen wir unseren Provodnik mit Händen und Füßen, ob wir uns auch in die Mitte des Wagens an den Tisch setzen können, was er bejaht, sofern keine anderen Fahrgäste kommen. Wir platzieren uns also dort. Daraufhin scheucht uns unser Freund wieder auf, mit der Bitte, uns auf unsere Plätze zu setzen bis der Zug abgefahren ist, und wenn bis dahin keiner kommt, können wir uns dort hinsetzen. Wir tun wie uns geheißen (natürlich kommt keiner), und als wir uns erneut umsetzen, weist uns unser Freund darauf hin, dass dies die Plätze für die Polizei sein. Wir packen also wieder zusammen, woraufhin er zu uns meint, dass wir da ruhig sitzen bleiben können, aber wenn die Polizei einsteigt, müssen wir sofort aufstehen.
Nunja. Polizei kommt jedenfalls keine in den nächsten vier Stunden. Dafür desöfteren der Zugtechniker aus dem Führerstand, der uns erzählt, dass der Lokführer demnächst das WiFi einschalten wird. Wenig später kommt er nochmals und meinte, dass der Lokführer jetzt versuchen wird, das WiFi einzuschalten. Es ging auch, leider war keine Verbindung zum Internet möglich. Wir verzichten aber darauf, zu versuchen, den Herren Zugspersonal dies klarmachen zu wollen.
Wir tuckern mit 60 bis 80 durch die Lande. Immer wieder gibt es Zugkreuzungen, die in längeren Raucherpausen ausarten.
Das rurale Moldova ist extrem strukturschwach und unglaublich arm. In den Dörfern wohnen nur Großeltern mit ihren Enkeln, die Eltern sind in Chisinau um Geld zu verdienen; anders geht es nicht.
Abends kommen wir in Chisinau Suburban an. Wie überall in der Sowjetunion ist auch in Chisinau der Fernbahnhof vom Vorortbahnhof strikt getrennt (übrigens auch in Ungheni, da läuft man ne ganze Ecke).
Links vom Zug wäre auch ein Bahnsteig zum ebenerdigen Ausstieg gewesen (man beachte die Höhe...). Leider macht der Zug nur rechts die Türen auf.
Wir steigen ab im Hotelul "COSMOS" am Bahnhof, einem sowjetischen Urgestein der 80er. Die Inneneinrichtung ist allerdings nicht so schön wie in unserem letzten Hotel in Chisinau, bei dem die Matratzen schon vom draufsetzen quietschten und knarzten wie nochmalwas.
Den Abend verbringen wir im Zentrum von Chisinau. Dort findet der Tag der rumänischen Sprache statt, und dies wird mit großem Fest und vielen Konzerten auf dem Boulevardul Stefan cel Mar si Sfant vor dem Parlament statt (Bilder von Chisinau und ebendieser Stelle gibts im ersten Bericht). Irgendwann betritt auch der Bürgermeister von Chisinau die Bühne, klopft Sprüche von der Einheit mit Bukarest und macht seiner Freundin einen Heiratsantrag. Am Tag darauf wird uns auch klar, warum das jetzt sein musste.
Tag 4: 01.09.15
Tiraspol
Chisinau ab 07:34+9
642SZ nach Odesa Glovna
Tiraspol 09:40
Am frühen Morgen machen wir uns auf in die PMR. Aber eigentlich bin ich euch noch was schuldig, nämlich die Antwort auf die Frage
Was ist eigentlich Transnistrien?
Transnistrien zählt zu den Ländern, die es nicht gibt. Kein Staat der Welt erkennt die Pridnestrowische Moldauische Republik an, wie sie offiziell heißt - bis auf Südossetien und Abchasien, zwei umstrittenen Gebieten in Georgien, die seit dem Kaukasuskrieg 2008 zwar mehr oder weniger unabhängig sind, aber auch von niemandem anerkannt werden. Aus internationaler Sicht gehört das Staatsgebiet der PMR, ein in Ost-West-Richtung nur wenige Kilometer breiter, in Nord-Süd-Richtung knapp 200km langer Streifen Land zwischen dem Fluss Dnister und der ukrainischen Grenze, zu Moldau. Dennoch besitzt die PMR einen funktionierenden Staatsapperat; die moldawische Regierung in Chisinau hat keinerlei Kontrolle über das transnistrische Staatsgebiet.
Auch auf Deutsch wird übrigens statt Transnistrien "Pridnestrowie" bevorzugt von offizieller Seite. Das Präfix Pri- hat in diesem Falle zwei Bedeutungen - "vor" (da aus russischer Sicht das Land ja vor und nicht hinterm Dnister liegt) und "bei", was gerne dazu verwendet wird, darauf hinzuweisen, dass ja nicht das gesamte transnistrische Staatsgebiet links des Dnisters liegt, denn auch einige Orte am rechten Ufer, darunter vor allem die Großstadt Bender, stehen unter Kontrolle der Regierung in Tiraspol. Transnistrien besitzt sogar seine eigene Währung, den transnistrischen Rubel, der allerdings außerhalb der PMR nirgends umtauschbar ist, da auch er international nicht anerkannt ist.
Dieser Zustand ist eigentlich ein eingefrorener Konflikt, der beim Zerfall der Sowjetunion entstanden ist. Als sich die moldawische SSR für unabhängig erklärte, wurde in Chisinau sofort auf einen stark Rumänien-orientierten Kurs eingeschwenkt. Die kyrillischen Buchstaben, das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen moldawischer und rumänischer Sprache, wurden gegen lateinische ersetzt. Die alte fast ausschließlich russischstämmige Nomenklatura wurde entmachtet; langfristiges Ziel aller politischen Maßnahmen war die Vereinigung mit Rumänien.
Vor allem in den russisch dominierten Gebieten östlich des Dnisters regte sich dagegen reger Widerstand. So wurde 1990 die Transnistrische Moldauische SSR als eigenständige Teilrepublik innerhalb der Sowjetunion ausgerufen, mit dem Ziel, im Gegensatz zu Moldawien in der UdSSR zu verbleiben. Mit Zerfall der UdSSR erübrigte sich dieses Ziel, dennoch wurde an der Unabhängigkeit festgehalten. Identifikationsmerkmal war dabei für viele interessanterweise nicht die Ethnie, sondern die Identifikation mit der russischen Sprache.
Damals hätten wohl gerne beide gegeneinander Krieg geführt, hatten aber wohl zum einen eigene Probleme und zum anderen beide keine Armee. Im März 1992 begann dann der Krieg, der relativ ergebnislos verlief und recht schnell in einer Pattsituation endete. Einige Dörfer fielen an die PMR, einige an Moldau. Als größten Erfolg konnte die PMR-Armee Bender wieder einnehmen, nachdem es kurzzeitig an Moldawien gefallen war. Unter Vermittlung des russischen Generals Alexander Lebed, übrigens der erfolgreichste Gegenkandidat zu Boris Jelzin, konnte im Juli 92 ein Waffenstillstand erzielt werden, der seither von russischen Friedenstruppen überwacht wird.
Keine der beiden Parteien hat sich mit dem aktuellen Zustand arrangiert. Moldau sieht die PMR als Moldau an, die PMR siehr sich selbst als unabhängig an - der Waffenstillstand ist jedoch stabil seit 92. Die Pridnestrowie wäre allerdings am liebsten, grade im Hinblick auf die politischen Entwicklungen der letzten Jahre, russisches Föderationssubjekt; man vergleicht sich gerne mit Kaliningrad, und defacto ist Tiraspol von Moskau stark abhängig aus finanzieller Sicht. Vorstöße, wie zum Beispiel die von Tiraspol gewollte Einführung des russischen Rubels wurden allerdings bislang konsequent von Moskau abgelehnt.
Der moldawische Traum des Anschlusses an Rumänien nicht zuletzt durch den EU-Beitritt Rumäniens wohl recht langfristig gescheitert; zwischenzeitlich wurde eine Äquidistanzpolitik gegenüber Moskau und Bukarest gefahren - aktuell bestimmen aber wieder starke proeuropäische Kräfte die moldauische Politik. Moldawien ist und bleibt ein furchtbar strukturschwaches Land, mit einem starken Zentrum in Chisinau, das durchaus auch Potential innehat, dafür aber einer umso ärmlicheren und schlimmer vernachlässigten Peripherie. Noch vor dem Kosovo ist Moldau das ärmste Land Europas.
Dennoch gewinnt der Transnistrienkonflikt vor allem durch die politische Lage in der Ukraine wieder an Brisanz. Viele Menschen in der PMR glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, sich Moskau anzuschließen. Umso größer ist die Angst in der Ukraine davor, von Russland in die Zange genommen zu werden. Dies äußert sich beispielsweise auch in der Ernennung des - international per Haftbefehl (der eine sagt, er sei konstruiert, der andere sagt das Gegenteil) gesuchten - ehemaligen georgischen Staatspräsidenten Saakaschwili, der von Petro Poroshenko im Frühjahr kurzerhand die ukrainische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen hat, zum Gouverneur von Odessa. Offizielle Begründung: Der Herr (der ja nun den Kaukasuskrieg zumindest mitprovoziert hat) hätte Erfahrung mit abtrünnigen Regionen. Kann man von halten was man will, aber zumindest Korruption scheint er wohl ganz gut zu bekämpfen.
Vor wenigen Monaten kündigte nun der ukrainische Präsident Poroshenko an, künftig keine Militärtansporte der Russen durch die Ukraine mehr zu tolerieren. Für Transnistrien bedeutet dies, dass die russischen Friedenstruppen keine Versorung mehr aus Moskau erhalten können, denn aus der Luft ist die PMR nur per Helikopter zu erreichen; der einzige Flugplatz in Tiraspol ist seit Jahren nicht benutzbar. Wie sich das noch entwickeln wird, wird noch eine Frage werden.
Allgemein hatte Transnistrien früher ein wesentlich besseres Verhältnis zu seinem östlichen Nachbarn als heute. Da die ukrainisch-transnistrische Grenze früher quasi völlig offen war, und dadurch Schmugel mit Waren sämtlicher Art, aber auch mit Waffen, offen stand, wurde eine EU-finanzierte Mission zur Grenzsicherung aufgebaut. Die Grenztruppen wurden massiv aufgestockt, die Grenzübergänge und -kontrollen modernisiert. Das stieß auf der transnistrischen Seite nicht umbedingt auf Wohlwollen. Zudem dominieren die transnistrische Medienlandschaft russische oder russisch gesteuerte Medien, was dazu führt, dass ein Großteil der Pridnestrowier eine - nennen wir es eurphemistisch leicht negative Einstellung gegenüber der Ukraine inzwischen haben.
Wie Transnistrien finanziell am Laufen bleibt, weiß niemand so genau. Fest steht: das Geld ist knapp. Der Staat hat vor kurzem sämtlichen Staatsbediensteten die Löhne um 20% gekürzt, welche stattdessen in Schuldscheinen ausgezahlt werden. Wirtschaftlich ist die PMR interessanterweise ziemlich gut aufgestellt. In Tiraspol gibt es eine große Textilfabrik, Tirotex, desweiteren gibt es im Norden des Landes ein großes Kraftwerk und ein wichtiges Stahlwerk. Der Großteil der Wirtschaft gehört zum "Sherrif"-Konzern, dem auch Tankstellen, Supermärkte, der Fußballclub "Sherrif Tiraspol" und vieles andere gehören. Böse Zungen behaupten, dass die Firma vor allem mal der Geldwäsche des Staatsgründers Smirnow dienen, aber man schweigt sich aus.
Übrigens gab es im Jahr 2011 einen politischen Wechsel in der Führungsriege der Pridnestrowischen Moldauischen Republik: der Staatsgründer Igor Smirnov wurde überraschend extrem deutlich als Präsident abgewählt; sein Nachfolger wurde Jewgeni Schewtschuk. Die Wahl wurde von unabhängigen Beobachtern übrigens als die vorbildlichste Wahl in der Region seit langem eingestuft.
Anlass der zweiten Reise waren die Festlichkeiten zum 25. Jahrestag der Gründung der Transnistrischen Moldauischen SSR am 2. September 2015.
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Wir kaufen unsere Fahrkarte extra in Wagen 5, weil wir schon von der ersten Fahrt wussten, dass das der Barwagen mit Leder- statt Holzbänken ist.
Allerdings ist der Wagen rappelvoll, daher steigen wir doch lieber in Wagen 4 um.
Der Zug hat zwei lange Aufenthalte, in Bulboaka (letzter Bahnhof in Moldova) und in Bender-2 (erster Bahnhof in der PMR). Die Aufenthalte sind dazu da, dass wenn nötig Grenzkontrollen durchgeführt werden können. Man hat sich allerdings bei der Wiederaufnahme dieses Zuges darauf geeinigt, dass die PMR nicht kontrolliert, sondern nur die Ukraine und Moldawien. Transnistrien kontrolliert nur die Einreise in das eigene Land an den Bahnhöfen in Bender-2 und in Tiraspol.
Normalerweise ist das Fotographieren auf transnistrischen Bahnhöfen streng verboten. Aufgrund der Feierlichkeiten möchte man sich aber etwas lockerer zeigen, darum ist es uns erlaubt, während der halben Stunde Aufenthalt in Bender-2 Fotos zu machen. Dieses Schild besagt, dass auf diesem Bahnhof ausschließlich die Sicherheitskräfte der PMR Passkontrollen und Gepäckdurchsuchungen vornehmen dürfen (also keine Moldawier).
Grenzübergang Bender-2
Unser Zug im Bahnhof
Das Einreiseprozedere am Bahnhof Tiraspol ist weitaus entspannter als bei unserer ersten Einreise über die Straßengrenze Kurtschugan. Für unser Gepäck interessiert sich niemand, die Einreise besteht aus etwas Schreibarbeit; die Migrationskarte muss ausgefüllt werden in doppelter Ausführung.
Der obere Teil bleibt beim Grenzer, die untere Hälfte bleibt im Pass bis zur Ausreise.
Die Abfahrtstafel im Bahnhof. Es gibt noch vier Abfahrten, zwei davon nur alle zwei Tage - alle anderen sind gestrichen.
Wir treffen wieder Andrej, und auch Tanja ist wieder da und hat vor Freude uns wiederzusehen fast Tränen in den Augen. Leider hat sie zwei andere Kunden, sodass wir den Rest der Zeit nur mit Andrej verbringen.
Unser Gepäck bringen wir ins Hotel Rossya. Auch die Dame an der Rezeption spricht Deutsch. Das Hotel ist ein ziemlich edler Laden, und in unseren Jeans und Poloshirts kommen wir uns ziemlich underdressed vor.
Wir brechen auf zu einem Rundgang durch die Stadt; nicht, ohne uns vorher im Supermarkt Sherrif-3 (die sind durchnummeriert) mit Wasser und Eis einzudecken, denn die Temperaturen gehen auf die 40 Grad zu. Ein paar Handybilder hab ich auch im Supermarkt gemacht.
Ganz wichtig ist natürlich das Vodkaregal
An der Kasse gibt es auch Zigaretten - natürlich nicht Marlboro (auch wenn sie so aussehen), das sind gute russische "Minsk"-Zigaretten zu 5 Rubeln (etwas unter 50 Cent)
Auf dem Weg durch die Stadt kommen wir an einem Gebäude vorbei, das einen hochtrabenden Namen trägt, den ich leider vergessen habe. Kurz zusammengefasst: Dieses Haus ist eine Trollfabrik.
Wie jede gute Sowjetstadt hat auch Tiraspol einen Park Pobeda, einen Park des Sieges
Im Park ist viel los. Zahlreiche Familien sind unterwegs, Kinder spielen, in einer Ecke stehen ein Haufen Kettcarts, die sich jedes Kind einfach ausleihen kann. Viele junge Mädchen in sowjetischer Schuluniform sind unterwegs - es ist erster Schultag.
Ein Wohnhaus neben dem Theater, in dem vor 25 Jahren die Republik ausgerufen wurde, wurde in Flaggen verhüllt...
...was angesichts der Bausubstanz löblich ist.
Und nicht vergessen: Am 2. September ist Tag der Republik!
Für Liebhaber alter Fahrzeuge ist die PMR toll.
Jury Gagarin auf der Gagarinallee. Gagarin war hier nie, Gagarin wird hier nie gewesen sein, dennoch steht sein Denkmal hier, und Transnistrien feiert auch jedes Jahr stolz den Tag des Weltraums.
An einigen Geschäften hängt noch die Deko vom Vorjahr, in dem man 70 Jahre sowjetische Befreiung gefeiert hat, mit Sankt-Georgs-Band.
Offiziell ist die PMR zweisprachig: Russisch und Moldawisch (natürlich in kyrillischer Schrift). De facto sind moldawische Bezeichnungen wie hier sehr selten.
Das Wappen der Stadt Tiraspol vor dem Haus der Sowjets
Auf dieser Tafel sind alle Ehrengäste der PMR verewigt
Der Dom Sowetov, das Haus der Sowjets. Hier wird Stadtpolitik gemacht...
...unter kritischem Auge des Herrn Uljanow
Es wird viel gebaut in der größten Stadt der PMR
In der Ukraine wäre diese Straßenkreuzung nicht mehr möglich von den Namen her. Leninstraße kreuzt die Straße des 25. Oktobers
Anderenorts gibt es Snail Mail, hier gibt es Snail E-Mail :)
Die nagelneue Polyklinik im Zentrum
Zwei Staaten der Welt erkennen Transnistrien an und haben daher eine Botschaft in Tiraspol, die sie sich teilen. Es sind Abchasien und Südossetien.
Die Paradestraße ist festlich dekoriert
Auch sehenswert ist das Café Eilenburg. Seine durchaus unterhaltsame Geschichte kann man bei der taz nachlesen.
Vor dem Parlamentsgebäude wird die Ehrentribüne aufgebaut
Das Kriegsdenkmal ist in wesentlich besserem Zustand dieses Mal. Das rote Haus im Hintergrund ist das Regierungsgebäude. Bei unserem ersten Besuch durfte man es gar nicht fotographieren, beim zweiten Mal nur von der anderen Straßenseite.
Diese freundlichen Genossen mit ihren Kumpanen zusammen machten einen ziemlichen Lärm in der Stadt. Die linke Flagge ist die von Neurussland und wird daher unter anderem von den Volksrepubliken Lugansk und Donetsk geführt.
Diesmal ist auch die ewige Flamme ein weniger trauriger Anblick
Auf den Trolleybus steht "In Zukunft vereint mit Russland"
Transnistrische Traktoren 2
Noch ein kurzer Blick zurück über die Straße des 25. Oktobers, dann geht es Mittagessen und anschließend nach Bendery.
Vorher erhalten wir jedoch im Hotel endlich unseren Pass zurück, den wir beim Check-in abgeben mussten. Alle Gäste, die länger als 24 Stunden bleiben wollen, müssen sich nämlich bei den transnistrischen Behörden registrieren lassen. Dafür gibt es dann auf der Ausreisekarte diesen Stempel.
Der Bahnhof Bender-1 wird schon seit über 10 Jahren nicht mehr bedient...
Dennoch ist der Bahnhof offen und es gibt Fahrkartenschalter
...
Auch Andrej ist ziemlich heiß, und während ich mich umdrehe...
...um ein Foto vom Kino zu machen...
Verschwindet Andrej vollends im Brunnen.
Ein großes Geschäft im Zentrum Benderys
Die Stadtverwaltung. Man hat das Gebäude mal an drei Seiten saniert...
...nur die Westfassade ist noch Original. Die Löcher sind Einschusslöcher aus dem Krieg.
Jaja.
Auch in Bender gibt es natürlich einen Sherrif-Supermarkt.
Er hat sogar länger auf als jeder Supermarkt in Bayern...
Die Eisenbahnbrücke zwischen Tiraspol und Bendery hat man zur 25-Jahr-Feier in den Farben Russlands und Transnistriens angestrichen, und das sieht wirklich genial aus.
Der Sportpark Sherrif, eines der größten und modernsten Stadien Europas. Hier spielt der moldawische Rekordmeister FC Sherrif Tiraspol.
Dazu gab es auch ein großes Hotel, welches nur leider zu 99% der Zeit leer stand. Daher wird es nun abgerissen.
Abends begeben wir uns in den Klub "Veteran". Andrej hat uns Zugang zu einem patriotischen Liederabend der Veteranen Transnistriens verschafft.
Es wird russische Folklore und Kriegslieder gesungen. Bei einigen der Lieder fängt das Publikum, größtenteils aus Ü60 bestehend, an, zu klatschen und mitzusingen, -tanzen und jubeln. Es ist bewundernswert, mit welcher Würde die alten Damen ihre Lieder da vortragen.
Nach dem Konzert werden wir einer alten Dame vorgestellt, die eine KZ-Überlebende ist. Sie erzählt uns Geschichten von damals, wobei vieles davon wohl mehr mit der sowjetischen Propaganda denn mit der Realität zu tun haben scheint.
Bei der Rückkehr in unser Hotel finden wir den Dom Sowetov prachtvoll beleuchtet vor.
Im Hotel kommen wir uns nun endgültig fehl am Platz vor, als wir durch die Unmengen Security-Menschen in Anzug durch die Lobby laufen und uns plötzlich der transnistrische Präsident Schewtschuk entgegenkommt. Dafür hatten wir einen freundlichen Geheimdienstler, der auf dem Gang vor unserem Zimmer Wache gehalten hat. Ob im Raum nebenan wer war, gute Frage.
schon im März führte mich ja mein Weg bereits einmal nach Transnistrien, Moldau und in die Ukraine. Den Bericht dazu gibt es ja auch schon hier zu lesen.
Vor wenigen Wochen ging es für mich und meinen Begleiter nochmal in den Osten unseres Kontinents.
Tag 1-2: 29.08.15 - 30.08.15
Anreise und Bukarest
Bucuresti Nord ab 16:00
IR 1665 Iasi
Iasi an 23:09
Wir beginnen unsere Reise diesmal in Stuttgart. Von dort bringt uns eine Fokker 100 der Austrian Airways (oder auch "Fliegende Waschmaschine"...) nach Wien. Eine Stunde Umsteigezeit später, die wir damit verbrachten, uns über diesen unmöglichen Flughafen aufzuregen, ging es dann weiter nach Bukarest.
Vom Flughafen in Bukarest in die Stadt zu kommen ist sehr mühseelig. Es gibt einen Flughafenbahnhof einige Kilometer vom Terminal entfernt. Von dort fährt die CFR in unregelmäßigem Takt Züge in die Stadt; leider sind wir exakt zur 2-Stunden-Lücke am frühen Mittag angekommen. Daher mussten wir leider den städtischen Expressbus nehmen. Was dieser Bus, der an jeder Haltestelle hält, mit "Express" zu tun haben soll, konnte mir leider noch niemand plausibel erklären. Dafür gibt es zwangsweise intimen Körperkontakt mit allen umstehenden Reisenden gratis dazu.
In freudiger Erwartung auf die Stadt deponieren wir also unser Gepäck im Hotel und steigen in die Metro.
...und kommen hier wieder aus dem Untergrund hervor.
Der unglaublich hässliche Piata Uniiri. Aber Hauptsache Telekom und Raiffeisenbank Austria sind auch da.
Ein Haufen Roma, der hier sein Kunsthandwerk verkauft. Im orangefarbenen Busch steht übrigens ein sehr gut getarnter und sich extrem unauffällig verhaltender Polizist, der durch seine unheimlich unauffällige Tarnung starr das Geschehen auf dem Markt beobachtet.
Im südlichen Teil des Brunnens ist sonst wohl ein großes Wasserbecken, leider ist es restlos leer. Hier befand sich früher die Altstadt Bukarests, die allerdings auch zunächst einem Erdbeben teilweise zum Opfer fiel. Der Rest fiel bis auf ein kleines Viertel den feuchten Träumen Ceaucescus zum Opfer, der kurz davor in Nordkorea zu Besuch war und beschloss, so müsse sein Land auch aussehen.
Einzelne Bauten lassen erahnen, dass es hier wohl doch mal ganz hübsch gewesen sein muss
Durch das Stadtzentrum fließt derdiedas Dambovita
Nördlich des Flusses befindet sich der letzte Rest der Altstadt Bukarests, Lipiscani (Leipziger Viertel)
Ansichten aus der Altstadt
Die Nationalbank kann sich sogar ein nagelneues Kupferdach leisten
Typisch für Lipiscani sind die engen Straßen, da der größte Teil der Straßenbreite von Restaurants eingenommen ist
Auch hier kommt man dem Oktoberfest leider nicht aus...
Straßenansicht nahe der Universität
Innenansicht der Metro (neu)
Das ganze gibts aber auch in alt und siffig
Rumänische Architektur zum Niederknien (und den Kopf irgendwie zu in den Bauch zu falten, dass man sie nicht sehen muss)
Der Boulevardul Uniiri, den Ceaucescu mit Monumentalarchitektur zu Zeiten größter wirtschaftlicher Not und menschlichem Leids in die Altstadt Bukarest walzen lies
Den Abschluss stellt das "Haus des Volks" dar, der heutige Parlamentspalast, welcher eines der größten Gebäude Europas ist, und in seiner Gigantomanie nichts außer unendlichen Protz verkörpert
Viele ausgemusterte deutsche Züge erleben in Rumänien ihren zweiten Frühling. Zwei ehemalige VT 24 der Bundesbahn warten am Bahnhof Titan Nord auf Einsätze
Weitere Ansichten aus Lipiscani
In Lipiscani gibt es auch eine kleine Klosteranlage, die wir zwischen zwei Reisebusladungen von Touristen kurz besichtigen konnten
In Lipiscani gibt es auch eine kurze Einkaufsstraße
Bukarest besteht größtenteils aus völlig verfallenen Bauten aus der Ceaucescu-Zeit, zusammengeflanscht mit nagelneuen Bauten, teilweise aus EU-Geldern finanziert, die irgendwie dazwischen kleben. Die Laufbänder in diesem Tunnel sind übrigens defekt.
Für uns war die Anzeigetafel im Gara de Nord in Bukarest ein Pflichtbesuch. Das Ding ist verdammt berühmt, da die CFR auf ihrer Webseite eine Webcam auf diese Anzeige verlinken - das ist dann die rumänische Version von Echtzeit-Information über Verspätungen.
Wir nehmen ab Bucuresti Nord den Zug nach Iasi (gesprochen: "Jasch"), in den Norden des Landes - einer Stadt, die so dermaßen unspektakulär ist, dass uns unsere Mitreisenden im Abteil fragen, warum wir denn bitte da hin wollen und nicht lieber nach Sibiu oder Timisoara. Für uns liegt Iasi aber zum einen auf der Route, zum anderen habe ich einen (genauso wie ich) bahnfanatischen Stuttgarter dabei - und in Iasi wird das Tramnetz fast ausschließlich mit GT4 betrieben - der ehemaligen Standardbaureihe der Stuttgarter Straßenbahn bis zur Umstellung der letzten Trambahnlinie auf Stadtbahnbetrieb 2007.
In Tecuci spannen wir um von Elektro- auf Dieseltraktion. Für die Reisenden gibt es Raucherpause.
Tief in der Nacht kommen wir dann in Iasi an und suchen unser Hotel auf, das sich als ziemlich nobler Schuppen entpuppt. Die Preise auf der Theke sind drei mal so hoch wie das, was wir gebucht haben.
Tag 3: 31.08.15
Iasi » Chisinau
Iasi ab 13:21
R 1064 nach Ungheni
Ungheni an 15:05+3
Ungheni ab 15:34+2
806 nach Chisinau
Chisinau an 19:11
Beton. Schafft Werte für Generationen. Sonderlich viel mehr gibts in Iasi wirklich nicht zu sehen - abgesehen von alten Trambahnen.
Dreht man sich um, sieht es dagegen wieder so aus. Nicht minder geschmackvoll, keine Frage, aber topmodern
Über die Grenze bringt uns dann dieses leicht untermotorisierte Gespann. Der Wagen ist gesteckt voll. Und natürlich belegen die beiden Schaffner ein gesamtes Abteil für sich.
Wir rollen durch Industrieruinen bis zur Brücke vor Ungheni, dem moldauischen Grenzbahnhof, wo die rumänischen Grenzer zusteigen. Die Ausreise geht problemlos und zügig von Statten. Dann rollen wir über die Brücke und der Moldawier steigt zu, haut einen Stempel in den Pass, steigt aus. Wir rollen an den Bahnsteig und purzeln aus dem Zug. Die Passagiere werden in das Empfangsgebäude gelotst, wo die Zollkontrolle stattfindet. An 4 Tischen lassen moldawische Zollbeamte die Koffer von ihren Besitzern vor ihren Augen durchwühlen. Der ranghöchste und älteste darf derweil spielen: Er bedient das Röntgengerät und ist sichtlich fasziniert von dieser Technik. Er kontrolliert deinen Koffer auch nur, wenn er grade keinen anderen da hat, und freut sich sichtlich über meinen, weil viel Elektronikkram drinnen ist, der lustig auf dem Bildschirm aussieht.
Eigentlich hatte uns dann der vordere Zug nach Chisinau bringen sollen - also, das hatten wir erwartet. Ein echt sowjetischer D1, gebaut in Ungarn für riesige Stückzahlen für die sowjetischen Eisenbahnen.
Am Bahnsteig stand dann jedoch dieses Gefährt: Auch das ist ein D1 aus den 60ern. Dieser Wagen hat jedoch 2012 eine Generalüberholung spendiert bekommen und ist der größte Stolz der Moldawischen Eisenbahnen (CFM). Der Zug führt 1. bis 3. Klasse, und für etwas über einen Euro leisten wir uns die 1. Klasse - 2+1-Bestuhlung (und das auf russischer Breitspur*, also noch wesentlich geräumiger als alles europäische), Klimaanlage, WiFi (das leider keine Verbindung zum Internet hat).
* Für alle die den ersten Bericht gelesen haben: Wir sparen uns in Ungheni das Umspuren dadurch, dass wir einfach von Normalspur auf Breitspur umsteigen. Der direkte Zug Bukarest - Chisinau wird dort dennoch noch umgespurt, und die Umspuranlage dort ist wohl der beste Ort um rumänische Flüche und Schimpfwörter zu lernen.
Die Zugfahrt führt durch wunderbare Landschaften im Norden Moldovas.
In unserem Zug sitzen zwei CFM-Mitarbeiter. Der Provodnik (Wagenvorsteher) und der Revisor. Revisoren gibt es häufig in dieser Region; auch im Zug Bukarest - Iasi kam die Zugsrevision. In Rumänien sind die Revisoren dazu da, um zu verhindern, dass die Fahrgäste den Schaffner schmieren (was für die CFR ein echtes Problem darstellt); in Moldova ist der Revisor einfach die zweite Person, der man einen Schein in die Hand drückt.
Dennoch sind beide sehr... fürsorglich. Da unsere Plätze entgegen der Fahrtrichtung sind und der Wagen fast leer ist, fragen wir unseren Provodnik mit Händen und Füßen, ob wir uns auch in die Mitte des Wagens an den Tisch setzen können, was er bejaht, sofern keine anderen Fahrgäste kommen. Wir platzieren uns also dort. Daraufhin scheucht uns unser Freund wieder auf, mit der Bitte, uns auf unsere Plätze zu setzen bis der Zug abgefahren ist, und wenn bis dahin keiner kommt, können wir uns dort hinsetzen. Wir tun wie uns geheißen (natürlich kommt keiner), und als wir uns erneut umsetzen, weist uns unser Freund darauf hin, dass dies die Plätze für die Polizei sein. Wir packen also wieder zusammen, woraufhin er zu uns meint, dass wir da ruhig sitzen bleiben können, aber wenn die Polizei einsteigt, müssen wir sofort aufstehen.
Nunja. Polizei kommt jedenfalls keine in den nächsten vier Stunden. Dafür desöfteren der Zugtechniker aus dem Führerstand, der uns erzählt, dass der Lokführer demnächst das WiFi einschalten wird. Wenig später kommt er nochmals und meinte, dass der Lokführer jetzt versuchen wird, das WiFi einzuschalten. Es ging auch, leider war keine Verbindung zum Internet möglich. Wir verzichten aber darauf, zu versuchen, den Herren Zugspersonal dies klarmachen zu wollen.
Wir tuckern mit 60 bis 80 durch die Lande. Immer wieder gibt es Zugkreuzungen, die in längeren Raucherpausen ausarten.
Das rurale Moldova ist extrem strukturschwach und unglaublich arm. In den Dörfern wohnen nur Großeltern mit ihren Enkeln, die Eltern sind in Chisinau um Geld zu verdienen; anders geht es nicht.
Abends kommen wir in Chisinau Suburban an. Wie überall in der Sowjetunion ist auch in Chisinau der Fernbahnhof vom Vorortbahnhof strikt getrennt (übrigens auch in Ungheni, da läuft man ne ganze Ecke).
Links vom Zug wäre auch ein Bahnsteig zum ebenerdigen Ausstieg gewesen (man beachte die Höhe...). Leider macht der Zug nur rechts die Türen auf.
Wir steigen ab im Hotelul "COSMOS" am Bahnhof, einem sowjetischen Urgestein der 80er. Die Inneneinrichtung ist allerdings nicht so schön wie in unserem letzten Hotel in Chisinau, bei dem die Matratzen schon vom draufsetzen quietschten und knarzten wie nochmalwas.
Den Abend verbringen wir im Zentrum von Chisinau. Dort findet der Tag der rumänischen Sprache statt, und dies wird mit großem Fest und vielen Konzerten auf dem Boulevardul Stefan cel Mar si Sfant vor dem Parlament statt (Bilder von Chisinau und ebendieser Stelle gibts im ersten Bericht). Irgendwann betritt auch der Bürgermeister von Chisinau die Bühne, klopft Sprüche von der Einheit mit Bukarest und macht seiner Freundin einen Heiratsantrag. Am Tag darauf wird uns auch klar, warum das jetzt sein musste.
Tag 4: 01.09.15
Tiraspol
Chisinau ab 07:34+9
642SZ nach Odesa Glovna
Tiraspol 09:40
Am frühen Morgen machen wir uns auf in die PMR. Aber eigentlich bin ich euch noch was schuldig, nämlich die Antwort auf die Frage
Was ist eigentlich Transnistrien?
Transnistrien zählt zu den Ländern, die es nicht gibt. Kein Staat der Welt erkennt die Pridnestrowische Moldauische Republik an, wie sie offiziell heißt - bis auf Südossetien und Abchasien, zwei umstrittenen Gebieten in Georgien, die seit dem Kaukasuskrieg 2008 zwar mehr oder weniger unabhängig sind, aber auch von niemandem anerkannt werden. Aus internationaler Sicht gehört das Staatsgebiet der PMR, ein in Ost-West-Richtung nur wenige Kilometer breiter, in Nord-Süd-Richtung knapp 200km langer Streifen Land zwischen dem Fluss Dnister und der ukrainischen Grenze, zu Moldau. Dennoch besitzt die PMR einen funktionierenden Staatsapperat; die moldawische Regierung in Chisinau hat keinerlei Kontrolle über das transnistrische Staatsgebiet.
Auch auf Deutsch wird übrigens statt Transnistrien "Pridnestrowie" bevorzugt von offizieller Seite. Das Präfix Pri- hat in diesem Falle zwei Bedeutungen - "vor" (da aus russischer Sicht das Land ja vor und nicht hinterm Dnister liegt) und "bei", was gerne dazu verwendet wird, darauf hinzuweisen, dass ja nicht das gesamte transnistrische Staatsgebiet links des Dnisters liegt, denn auch einige Orte am rechten Ufer, darunter vor allem die Großstadt Bender, stehen unter Kontrolle der Regierung in Tiraspol. Transnistrien besitzt sogar seine eigene Währung, den transnistrischen Rubel, der allerdings außerhalb der PMR nirgends umtauschbar ist, da auch er international nicht anerkannt ist.
Dieser Zustand ist eigentlich ein eingefrorener Konflikt, der beim Zerfall der Sowjetunion entstanden ist. Als sich die moldawische SSR für unabhängig erklärte, wurde in Chisinau sofort auf einen stark Rumänien-orientierten Kurs eingeschwenkt. Die kyrillischen Buchstaben, das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen moldawischer und rumänischer Sprache, wurden gegen lateinische ersetzt. Die alte fast ausschließlich russischstämmige Nomenklatura wurde entmachtet; langfristiges Ziel aller politischen Maßnahmen war die Vereinigung mit Rumänien.
Vor allem in den russisch dominierten Gebieten östlich des Dnisters regte sich dagegen reger Widerstand. So wurde 1990 die Transnistrische Moldauische SSR als eigenständige Teilrepublik innerhalb der Sowjetunion ausgerufen, mit dem Ziel, im Gegensatz zu Moldawien in der UdSSR zu verbleiben. Mit Zerfall der UdSSR erübrigte sich dieses Ziel, dennoch wurde an der Unabhängigkeit festgehalten. Identifikationsmerkmal war dabei für viele interessanterweise nicht die Ethnie, sondern die Identifikation mit der russischen Sprache.
Damals hätten wohl gerne beide gegeneinander Krieg geführt, hatten aber wohl zum einen eigene Probleme und zum anderen beide keine Armee. Im März 1992 begann dann der Krieg, der relativ ergebnislos verlief und recht schnell in einer Pattsituation endete. Einige Dörfer fielen an die PMR, einige an Moldau. Als größten Erfolg konnte die PMR-Armee Bender wieder einnehmen, nachdem es kurzzeitig an Moldawien gefallen war. Unter Vermittlung des russischen Generals Alexander Lebed, übrigens der erfolgreichste Gegenkandidat zu Boris Jelzin, konnte im Juli 92 ein Waffenstillstand erzielt werden, der seither von russischen Friedenstruppen überwacht wird.
Keine der beiden Parteien hat sich mit dem aktuellen Zustand arrangiert. Moldau sieht die PMR als Moldau an, die PMR siehr sich selbst als unabhängig an - der Waffenstillstand ist jedoch stabil seit 92. Die Pridnestrowie wäre allerdings am liebsten, grade im Hinblick auf die politischen Entwicklungen der letzten Jahre, russisches Föderationssubjekt; man vergleicht sich gerne mit Kaliningrad, und defacto ist Tiraspol von Moskau stark abhängig aus finanzieller Sicht. Vorstöße, wie zum Beispiel die von Tiraspol gewollte Einführung des russischen Rubels wurden allerdings bislang konsequent von Moskau abgelehnt.
Der moldawische Traum des Anschlusses an Rumänien nicht zuletzt durch den EU-Beitritt Rumäniens wohl recht langfristig gescheitert; zwischenzeitlich wurde eine Äquidistanzpolitik gegenüber Moskau und Bukarest gefahren - aktuell bestimmen aber wieder starke proeuropäische Kräfte die moldauische Politik. Moldawien ist und bleibt ein furchtbar strukturschwaches Land, mit einem starken Zentrum in Chisinau, das durchaus auch Potential innehat, dafür aber einer umso ärmlicheren und schlimmer vernachlässigten Peripherie. Noch vor dem Kosovo ist Moldau das ärmste Land Europas.
Dennoch gewinnt der Transnistrienkonflikt vor allem durch die politische Lage in der Ukraine wieder an Brisanz. Viele Menschen in der PMR glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, sich Moskau anzuschließen. Umso größer ist die Angst in der Ukraine davor, von Russland in die Zange genommen zu werden. Dies äußert sich beispielsweise auch in der Ernennung des - international per Haftbefehl (der eine sagt, er sei konstruiert, der andere sagt das Gegenteil) gesuchten - ehemaligen georgischen Staatspräsidenten Saakaschwili, der von Petro Poroshenko im Frühjahr kurzerhand die ukrainische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen hat, zum Gouverneur von Odessa. Offizielle Begründung: Der Herr (der ja nun den Kaukasuskrieg zumindest mitprovoziert hat) hätte Erfahrung mit abtrünnigen Regionen. Kann man von halten was man will, aber zumindest Korruption scheint er wohl ganz gut zu bekämpfen.
Vor wenigen Monaten kündigte nun der ukrainische Präsident Poroshenko an, künftig keine Militärtansporte der Russen durch die Ukraine mehr zu tolerieren. Für Transnistrien bedeutet dies, dass die russischen Friedenstruppen keine Versorung mehr aus Moskau erhalten können, denn aus der Luft ist die PMR nur per Helikopter zu erreichen; der einzige Flugplatz in Tiraspol ist seit Jahren nicht benutzbar. Wie sich das noch entwickeln wird, wird noch eine Frage werden.
Allgemein hatte Transnistrien früher ein wesentlich besseres Verhältnis zu seinem östlichen Nachbarn als heute. Da die ukrainisch-transnistrische Grenze früher quasi völlig offen war, und dadurch Schmugel mit Waren sämtlicher Art, aber auch mit Waffen, offen stand, wurde eine EU-finanzierte Mission zur Grenzsicherung aufgebaut. Die Grenztruppen wurden massiv aufgestockt, die Grenzübergänge und -kontrollen modernisiert. Das stieß auf der transnistrischen Seite nicht umbedingt auf Wohlwollen. Zudem dominieren die transnistrische Medienlandschaft russische oder russisch gesteuerte Medien, was dazu führt, dass ein Großteil der Pridnestrowier eine - nennen wir es eurphemistisch leicht negative Einstellung gegenüber der Ukraine inzwischen haben.
Wie Transnistrien finanziell am Laufen bleibt, weiß niemand so genau. Fest steht: das Geld ist knapp. Der Staat hat vor kurzem sämtlichen Staatsbediensteten die Löhne um 20% gekürzt, welche stattdessen in Schuldscheinen ausgezahlt werden. Wirtschaftlich ist die PMR interessanterweise ziemlich gut aufgestellt. In Tiraspol gibt es eine große Textilfabrik, Tirotex, desweiteren gibt es im Norden des Landes ein großes Kraftwerk und ein wichtiges Stahlwerk. Der Großteil der Wirtschaft gehört zum "Sherrif"-Konzern, dem auch Tankstellen, Supermärkte, der Fußballclub "Sherrif Tiraspol" und vieles andere gehören. Böse Zungen behaupten, dass die Firma vor allem mal der Geldwäsche des Staatsgründers Smirnow dienen, aber man schweigt sich aus.
Übrigens gab es im Jahr 2011 einen politischen Wechsel in der Führungsriege der Pridnestrowischen Moldauischen Republik: der Staatsgründer Igor Smirnov wurde überraschend extrem deutlich als Präsident abgewählt; sein Nachfolger wurde Jewgeni Schewtschuk. Die Wahl wurde von unabhängigen Beobachtern übrigens als die vorbildlichste Wahl in der Region seit langem eingestuft.
Anlass der zweiten Reise waren die Festlichkeiten zum 25. Jahrestag der Gründung der Transnistrischen Moldauischen SSR am 2. September 2015.
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Wir kaufen unsere Fahrkarte extra in Wagen 5, weil wir schon von der ersten Fahrt wussten, dass das der Barwagen mit Leder- statt Holzbänken ist.
Allerdings ist der Wagen rappelvoll, daher steigen wir doch lieber in Wagen 4 um.
Der Zug hat zwei lange Aufenthalte, in Bulboaka (letzter Bahnhof in Moldova) und in Bender-2 (erster Bahnhof in der PMR). Die Aufenthalte sind dazu da, dass wenn nötig Grenzkontrollen durchgeführt werden können. Man hat sich allerdings bei der Wiederaufnahme dieses Zuges darauf geeinigt, dass die PMR nicht kontrolliert, sondern nur die Ukraine und Moldawien. Transnistrien kontrolliert nur die Einreise in das eigene Land an den Bahnhöfen in Bender-2 und in Tiraspol.
Normalerweise ist das Fotographieren auf transnistrischen Bahnhöfen streng verboten. Aufgrund der Feierlichkeiten möchte man sich aber etwas lockerer zeigen, darum ist es uns erlaubt, während der halben Stunde Aufenthalt in Bender-2 Fotos zu machen. Dieses Schild besagt, dass auf diesem Bahnhof ausschließlich die Sicherheitskräfte der PMR Passkontrollen und Gepäckdurchsuchungen vornehmen dürfen (also keine Moldawier).
Grenzübergang Bender-2
Unser Zug im Bahnhof
Das Einreiseprozedere am Bahnhof Tiraspol ist weitaus entspannter als bei unserer ersten Einreise über die Straßengrenze Kurtschugan. Für unser Gepäck interessiert sich niemand, die Einreise besteht aus etwas Schreibarbeit; die Migrationskarte muss ausgefüllt werden in doppelter Ausführung.
Der obere Teil bleibt beim Grenzer, die untere Hälfte bleibt im Pass bis zur Ausreise.
Die Abfahrtstafel im Bahnhof. Es gibt noch vier Abfahrten, zwei davon nur alle zwei Tage - alle anderen sind gestrichen.
Wir treffen wieder Andrej, und auch Tanja ist wieder da und hat vor Freude uns wiederzusehen fast Tränen in den Augen. Leider hat sie zwei andere Kunden, sodass wir den Rest der Zeit nur mit Andrej verbringen.
Unser Gepäck bringen wir ins Hotel Rossya. Auch die Dame an der Rezeption spricht Deutsch. Das Hotel ist ein ziemlich edler Laden, und in unseren Jeans und Poloshirts kommen wir uns ziemlich underdressed vor.
Wir brechen auf zu einem Rundgang durch die Stadt; nicht, ohne uns vorher im Supermarkt Sherrif-3 (die sind durchnummeriert) mit Wasser und Eis einzudecken, denn die Temperaturen gehen auf die 40 Grad zu. Ein paar Handybilder hab ich auch im Supermarkt gemacht.
Ganz wichtig ist natürlich das Vodkaregal
An der Kasse gibt es auch Zigaretten - natürlich nicht Marlboro (auch wenn sie so aussehen), das sind gute russische "Minsk"-Zigaretten zu 5 Rubeln (etwas unter 50 Cent)
Auf dem Weg durch die Stadt kommen wir an einem Gebäude vorbei, das einen hochtrabenden Namen trägt, den ich leider vergessen habe. Kurz zusammengefasst: Dieses Haus ist eine Trollfabrik.
Wie jede gute Sowjetstadt hat auch Tiraspol einen Park Pobeda, einen Park des Sieges
Im Park ist viel los. Zahlreiche Familien sind unterwegs, Kinder spielen, in einer Ecke stehen ein Haufen Kettcarts, die sich jedes Kind einfach ausleihen kann. Viele junge Mädchen in sowjetischer Schuluniform sind unterwegs - es ist erster Schultag.
Ein Wohnhaus neben dem Theater, in dem vor 25 Jahren die Republik ausgerufen wurde, wurde in Flaggen verhüllt...
...was angesichts der Bausubstanz löblich ist.
Und nicht vergessen: Am 2. September ist Tag der Republik!
Für Liebhaber alter Fahrzeuge ist die PMR toll.
Jury Gagarin auf der Gagarinallee. Gagarin war hier nie, Gagarin wird hier nie gewesen sein, dennoch steht sein Denkmal hier, und Transnistrien feiert auch jedes Jahr stolz den Tag des Weltraums.
An einigen Geschäften hängt noch die Deko vom Vorjahr, in dem man 70 Jahre sowjetische Befreiung gefeiert hat, mit Sankt-Georgs-Band.
Offiziell ist die PMR zweisprachig: Russisch und Moldawisch (natürlich in kyrillischer Schrift). De facto sind moldawische Bezeichnungen wie hier sehr selten.
Das Wappen der Stadt Tiraspol vor dem Haus der Sowjets
Auf dieser Tafel sind alle Ehrengäste der PMR verewigt
Der Dom Sowetov, das Haus der Sowjets. Hier wird Stadtpolitik gemacht...
...unter kritischem Auge des Herrn Uljanow
Es wird viel gebaut in der größten Stadt der PMR
In der Ukraine wäre diese Straßenkreuzung nicht mehr möglich von den Namen her. Leninstraße kreuzt die Straße des 25. Oktobers
Anderenorts gibt es Snail Mail, hier gibt es Snail E-Mail :)
Die nagelneue Polyklinik im Zentrum
Zwei Staaten der Welt erkennen Transnistrien an und haben daher eine Botschaft in Tiraspol, die sie sich teilen. Es sind Abchasien und Südossetien.
Die Paradestraße ist festlich dekoriert
Auch sehenswert ist das Café Eilenburg. Seine durchaus unterhaltsame Geschichte kann man bei der taz nachlesen.
Vor dem Parlamentsgebäude wird die Ehrentribüne aufgebaut
Das Kriegsdenkmal ist in wesentlich besserem Zustand dieses Mal. Das rote Haus im Hintergrund ist das Regierungsgebäude. Bei unserem ersten Besuch durfte man es gar nicht fotographieren, beim zweiten Mal nur von der anderen Straßenseite.
Diese freundlichen Genossen mit ihren Kumpanen zusammen machten einen ziemlichen Lärm in der Stadt. Die linke Flagge ist die von Neurussland und wird daher unter anderem von den Volksrepubliken Lugansk und Donetsk geführt.
Diesmal ist auch die ewige Flamme ein weniger trauriger Anblick
Auf den Trolleybus steht "In Zukunft vereint mit Russland"
Transnistrische Traktoren 2
Noch ein kurzer Blick zurück über die Straße des 25. Oktobers, dann geht es Mittagessen und anschließend nach Bendery.
Vorher erhalten wir jedoch im Hotel endlich unseren Pass zurück, den wir beim Check-in abgeben mussten. Alle Gäste, die länger als 24 Stunden bleiben wollen, müssen sich nämlich bei den transnistrischen Behörden registrieren lassen. Dafür gibt es dann auf der Ausreisekarte diesen Stempel.
Der Bahnhof Bender-1 wird schon seit über 10 Jahren nicht mehr bedient...
Dennoch ist der Bahnhof offen und es gibt Fahrkartenschalter
...
Auch Andrej ist ziemlich heiß, und während ich mich umdrehe...
...um ein Foto vom Kino zu machen...
Verschwindet Andrej vollends im Brunnen.
Ein großes Geschäft im Zentrum Benderys
Die Stadtverwaltung. Man hat das Gebäude mal an drei Seiten saniert...
...nur die Westfassade ist noch Original. Die Löcher sind Einschusslöcher aus dem Krieg.
Jaja.
Auch in Bender gibt es natürlich einen Sherrif-Supermarkt.
Er hat sogar länger auf als jeder Supermarkt in Bayern...
Die Eisenbahnbrücke zwischen Tiraspol und Bendery hat man zur 25-Jahr-Feier in den Farben Russlands und Transnistriens angestrichen, und das sieht wirklich genial aus.
Der Sportpark Sherrif, eines der größten und modernsten Stadien Europas. Hier spielt der moldawische Rekordmeister FC Sherrif Tiraspol.
Dazu gab es auch ein großes Hotel, welches nur leider zu 99% der Zeit leer stand. Daher wird es nun abgerissen.
Abends begeben wir uns in den Klub "Veteran". Andrej hat uns Zugang zu einem patriotischen Liederabend der Veteranen Transnistriens verschafft.
Es wird russische Folklore und Kriegslieder gesungen. Bei einigen der Lieder fängt das Publikum, größtenteils aus Ü60 bestehend, an, zu klatschen und mitzusingen, -tanzen und jubeln. Es ist bewundernswert, mit welcher Würde die alten Damen ihre Lieder da vortragen.
Nach dem Konzert werden wir einer alten Dame vorgestellt, die eine KZ-Überlebende ist. Sie erzählt uns Geschichten von damals, wobei vieles davon wohl mehr mit der sowjetischen Propaganda denn mit der Realität zu tun haben scheint.
Bei der Rückkehr in unser Hotel finden wir den Dom Sowetov prachtvoll beleuchtet vor.
Im Hotel kommen wir uns nun endgültig fehl am Platz vor, als wir durch die Unmengen Security-Menschen in Anzug durch die Lobby laufen und uns plötzlich der transnistrische Präsident Schewtschuk entgegenkommt. Dafür hatten wir einen freundlichen Geheimdienstler, der auf dem Gang vor unserem Zimmer Wache gehalten hat. Ob im Raum nebenan wer war, gute Frage.