Reisebericht Mongolei 2007

Wälder, Weite, Moscheen und Basare

Moderatoren: Matthias, Schlappohr

Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Reisebericht Mongolei 2007

Beitrag von Sven »

Hallo Leute,

hier unser kleiner Reisebericht.
Die Fahrroute führt durch Polen, die Ukraine, Russland, Kasachstan (entlang dem kaspischen Meer), Usbekistan (Aralsee, dann entlang der Seidenstrasse durch die phantastischen Städte Buchara und Samarkand), Tadschikistan (über den Pamir Highway, der höchste Pass ist 4655m), Kirgistan, nochmlas durch Kasachstan und Russland, letztendlich in die Mongolei.

Abfahrt Ende April, Ankunft in Ulan Bator zum Nadaam-Fest, einer Art uralter mongolischer Olympiade, Mitte Juli. Rückfahrt von Ulan Bator aus mit der Transsibirischen Eisenbahn. Freunde übernehmen in Ulan Bator das Auto.

Das ist die Route, rot die Hinfahrt, gelb die Transsib-Fahrt:
Bild

Reisedauer: 3 Monate
mit dem Auto gefahrene Kilometer: 16000 (Stuttgart-Ulan Bator),7 Visa, 14 Grenzübergänge
Teilnehmer: moni + sven
Auto: Rudi, Pajero Baujahr 90 ( http://www.4x4travel.org/phpBB3/viewtopic.php?p=63912 )

Ende April ist es endlich soweit, wir starten in Richtung Ost. Zum vorläufig letzten Mal genießen wir deutsche Gastlichkeit in Oberfranken.
Unsere Fahrt führt uns über Dresden und Görlitz nach Polen. In den ersten Tagen ist unser vorrangiges Ziel zügig vorwärts zu kommen. Hinter Krakau wird das Fahren mühsam, die Strasse ist auf 200km bis zur Ukrainischen Grenze eine einzige Baustelle.
Auf der polnischen Seite werden wir schnell und freundlich abgefertigt. Auf der Ukrainischen Seite ist eine lange Schlange. Der Stau wird bewusst produziert, damit man einigen, die bereit sind zu zahlen, eine Überholspur bieten kann. Wir haben genug Zeit um diesen Vorgang intensiv zu beobachten. Nach drei Stunden haben auch wir die Grenze passiert
Gleich die ersten Kilometer hinter der Grenze machen uns klar, wie erfolgreich wir den Straßenzustand in der Ukraine seit der letzten Reise verdrängt hatten. Eine unglaubliche Holperstrecke führt nach Lemberg. Die nur wenig bessere „Autobahn“ von Lemberg nach Kiew führt durch Dörfer und Städte, auf dieser Autobahn verkehren auch Pferdekarren, Zebrastreifen queren sie.
Immer wieder halten uns Polizisten mit falschen Radarpistolen an. Einmal ist eine Strafe unvermeidbar. Nach etwas Verhandlung einigen wir uns auf umgerechnet 3€. Dies bleibt auf der gesamten Reise der einzige Strafzettel den wir bezahlen müssen.
Wir fahren nach Cherkow. Rein finden wir gut, aber nicht mehr so leicht heraus. Nach einigen Irrfahrten durch die Vororte finden wir endlich die richtige Magistrale. Das kalte, aber herrliche Wetter wechselt zu Landregen.
Bei Regen und 4°C erreichen wir am Abend die Russische Grenze. Die Ukrainischen Grenzer sind der Meinung uns fehle ein Transitvisum durch die Ukraine. Die Visapflicht für deutsche ist ziemlich genau seit zwei Jahren abgeschafft, aber das hat sich hier im östlichsten Winkel der Ukraine wohl noch nicht herumgesprochen. Zwei Stunden wird diskutiert und das Auto und dessen Inhalt genau untersucht. Die Einreise nach Russland ist nicht schneller, nach weiteren zwei Stunden, kurz vor Mitternacht erreichen wir im strömenden Regen Russland.
Wir suchen uns ein Plätzchen abseits der Strasse in der schwarzen Nacht. Ein Feldweg führt in ein kleines Tal. Doch schon bei der Abfahrt dreht sich das Auto auf dem schmierigen Untergrund. Heraus kommen wir gerade so mit blockierten Differenzialsperren. So campieren wir halt auf dem freien Feld.
Die Reise geht weiter auf zuerst erstaunlich guten Straßen. Eine Abkürzung belehrt uns, dass zwar die Hauptstraßen in Russland oft gut sind, dies jedoch nur selten für Nebenstraßen gilt. Beim Schild „Wolgograd 387km“ haben wir uns schon so an die Weite gewöhnt, dass ich denke „ach nur noch“.
Wir erreichen den Don. Wir finden einen herrlichen Platz am Westufer, etwa 150m über dem Fluss. Ein weiter Blick, herrliche Blumen und einige Greifvögel umgeben uns. Allerdings mahnen die noch deutlich sichtbaren Schützengräber aus dem zweiten Weltkrieg an schlechtere Zeiten.
Wir erreichen Wolgograd, das frühere Stalingrad. Sofort fällt die gigantische Statue der Gedenkstädte am Horizont auf. Auf dem Parkplatz zur Gedenkstädte zeigt der Kilometerstand genau 3500km, von Stuttgart aus, an.
Wir verlassen Wolgograd und überqueren den Wolga-Don–Kanal. Das letzte Gebäude Wolgograds ist ein völlig heruntergekommenes Kernkraftwerk. Wir haben schon mehrere dieser Wracks gesehen. Dass es bisher nur einen GAU in Tschernobyl gab, scheint mir lediglich ein glücklicher Zufall zu sein.
Gut 100km vor Astrachan steht eine sehr schöne orthodoxe Kirche. Das Kircheninnere leuchtet in hellem Blau, rundherum sind Unmengen goldener Ikonen aufgehängt.
Der erste Eindruck von Astrachan ist recht desolat, aber hat man erst einmal das Stadtzentrum gefunden, ist die Stadt recht nett, mit einer Fußgängerpassage und auf dem einzigen Hügel weit und breit ist der komplett ummauerte alte Kreml mit schönen Holzwachtürmen und zwei großen orthodoxen Kirchen im Inneren.
Nun haben wir einen Zweig der Seidenstrasse erreicht. Wir werden dieser Jahrtausendealten Handelsstrasse durch die Steppe in die Oasenstädte Chiwa, Buchara und Samarkand folgen.
Wir queren das Wolgadelta und erreichen die Kasachische Grenze. Die Ausreise aus Russland ist erstaunlich einfach und freundlich. Die Einreiseprozedur dauert 3½ Stunden. In der Zeit werden unzählige Formulare ausgefüllt und mehrfach unsere Passdaten in dicke Bücher abgeschrieben.
Kasachstan ist eine andere Welt als Russland. Moscheen ersetzen die orthodoxen Kirchen. Die Menschen haben mandelförmige Augen und runde Gesicherter und schon wenige Meter hinter der Grenze steht die erste Kamelherde.
Die Landschaft ist malerisch, tiefblaue Wasserflächen, dazwischen grüne Wiesen, darauf Pferde, Kühe Schafe oder Kamele. Immer wieder ein kleines Dorf aus Holzhäusern mit vermatschten Wegen dazwischen.
Weiter geht es entlang der Küstenstrasse, nur vom kaspischen Meer oder der Küste haben wir noch nichts gesehen. So fahren wir auf einer sandigen Piste Richtung Ufer und erreichen den Dünengürtel, wenig später tatsächlich den Strand. Hier geht das Land ganz flach in Meer über, dazwischen liegt eine Schlammzone, somit kann man gar nicht genau sagen, wo das Ufer ist.
Etwas weiter wird die Piste plötzlich und unerkennbar grundlos tief. Die Oberfläche ist rocken, darunter tiefer Matsch. Wir fahren uns so richtig schön fest und dürfen das Auto aus dem Schlamm graben.
Wir erreichen den Fluss Ural und sind somit an der Grenze zu Asien. Während ich am Abend noch mit dem Laptop am Tisch sitze, kommt ein Auto mit zwei Uniformierten. Sie kontrollieren unsere Pässe und fragen, ob wir Gas und eine Angel dabei hätten. Mir ist schleierhaft, was die Beiden wollen. Irgendwann meine ich wahrheitsgemäß Gas ja, Angel nein. Daraufhin legen sie uns zwei große, grobschuppige, noch zappelnde Fische hin und verabschieden sich freundlich. Etwas verdutzt sitze ich vor den Fischen, aber sie haben dann gegrillt (deshalb die Frage nach dem Gas) sehr lecker geschmeckt.
Als wir in Atyrau ankommen, leuchtet die Reserveleuchte schon lange. Wir müssen jedoch zuerst Geld tauschen oder einen Automaten finden. In Atyrau kommen wir an einem großen Platz an, an welchem sich einige Banken angesiedelt haben, der erste Geldautomat spuckt bereitwillig Geld aus. So einfach hätte ich mir das nicht vorgestellt. Dafür erwartet uns ein fast spritfreies Auto, wir brauchen eine ganze Weile, bis wir endlich an einer Tankstelle ankommen und wieder flott sind.
Irgendwo in östliche Richtung geht laut unserer Landkarte die Strasse nach Kulsay. Wir finden sie nicht. Nach zwei Stunden Suche enden wir ganz im Norden der Stadt etwa 200m von unserer Tankstele entfernt, der Kilometermesser zeigt jedoch bereits 60 Kilometer an. Die direkte Verbindung existiert gar nicht, wie auch später der Blick auf andere Landkarten zeigte.
Die Schlaglochfrequenz, -größe und -tiefe nehmen zu. Neben der Strasse hat sich eine Spur in der Steppe gebildet, besser fahrbar ist diese jedoch auch nicht. Der Verkehr ist die erstaunlich dicht, viele Lastwägen, Kleinbusse und PKW zirkeln um die Schlaglöcher. Aus der ehemals geraden Strasse wurde ein Slalomkurs.
Die Landschaft ist von Weite, Steppe und viel Wasser geprägt. Die Weite und die Steppe hatten wir erwartet, aber überall gibt es Wasser, Seen, Tümpel, überflutete Fahrspuren. Wasser und Trockenheit liegen nur Zentimeter voneinander entfernt, die Fahrzeuge ziehen große Staubfahnen hinter sich her, daneben zeugen tiefe Wühlspuren von den Befreiungsversuchen etwas unglücklicherer Autos. Abseits der grauenhaften Strasse sind viele Parallelpisten, bei Trockenheit sind diese eine Alternative zur Straße, die auf einem Damm verläuft. Jetzt sind sie jedoch überflutet.
Es gibt keine Richtungsschilder mehr, wer hier fährt kennt sich aus. Wir erwischen eine sehr schlechte Straße und sind uns nicht sicher, ob es die richtige ist. Laut unserem Kompass führt sie zu sehr in östliche Richtung. Wir packen das GPS und das Laptop mit den Satellitenbildern aus. Alles deutet darauf hin, dass wir, trotz des grauenhaften Straßenzustands, richtig sind. Als endlich ein Lastwagen vorbei kommt, frage ich den Lastwagenfahrer und der nickt. Also weiter, die Strasse ist eigentlich unfahrbar, es gibt keinen Verkehr mehr. Hin und wieder sind Ansätze einer Bautätigkeit erkennbar, die aber die Straßensituation bisher nur verschlechtern.
Unsere Kasachstankarte (Reise-Know-How) ist eine Katastrophe. Nicht nur, dass keine Grenzübergänge eingezeichnet sind, der Aralsee eine Ausdehnung hat, wie er sie in der Mitte der 70iger Jahre hatte, die Schreibweise der Orte völlig willkürlich ist, es sind auch Strassen eingezeichnet die es nicht gibt und anders herum gibt es Strassen, aber sie sind nicht eingezeichnet. Jetzt fluchen wir, da die einzige Orientierung, die Bahnlinie auf der falschen Straßenseite eingezeichnet ist und dies uns recht verwirrte.
Eine kleine Delle in der Piste unterschätze ich, wir heben sanft ab und landen unsanft. Wenig später bemerke ich, dass mit der Hinterachsfederung etwas nicht stimmt. Der Blick unters Auto zeigt eine herausgesprungene linke Hinterachsfeder. In den Serienschraubfedern haben wir zusätzliche Federn angebracht, deren Halterung ist abgerissen und so hat die innere Feder wohl die äußere aus dem Sitz gedrückt. Leider scheint auch die hintere Bremsleitung an mehreren Stellen in Mitleidenschaft gezogen, aber das Bremssystem ist dicht.
Bei der Rüttelei träume ich immer wieder von einer sanften geteerten Straße. Einfach so durch die weite Landschaft gleiten. Plötzlich sehe ich meinen Traum vor mir, etwa 80 Kilometer vor Beyneu, mitten im Nirgendwo. Plötzlich haben wir eine nagelneue, perfekte Straße unter uns. Mit 100 Stundenkilometern gleiten wir dahin. Der Traum dauert fünf Kilometer und endet genau so abrupt, wie er begonnen hatte. Aber es war kein Traum, diese fünf Kilometer Teerstraße gibt es wirklich, irgendwo in der Weite der Steppe Kasachstans, etwa auf halbem Wege zuwischen Kulsary und Beyneu.
Der Markt von Beyneu ist schön, sauber, frisch gefegt, schattig und die Obstverkäufer polieren gewissenhaft jede einzelne Frucht um den Staub zu entfernen. Wir kaufen Brot und essen ein paar frisch frittierte Teilchen.
Nun begeben wir uns auf die Suche nach einem Schweißgerät für die Federzentrierung. Nach etwas Suche und Fragerei führt man uns in eine unscheinbare Werkstatt. Das Problem wird erörtert, die Lokalität wäre optimal, eine Auffahrrampe und eine Hebebühne sind vorhanden, aber der Meister fehlt. Er sei in fünf Stunden zurück. Ich mach klar, dass der Ausbau kein Problem wäre, und dass ich das selbst schweißen könnte. Ich mache mich durchaus auf ein abenteuerliches Schweißgerät gefasst, aber was ich dann sehe übertrifft bei Weitem jegliche Erwartung. Ein Schweißgerät, das wahrscheinlich schon zu Lenins Lebzeiten beim Schweißen von Eisenbahnschienen seinen Dienst tat. Die mir vorgelegten Schweißelektroden sind fingerdick und über einen halben Meter lang, ich hatte eher an Elektroden im Bereich 2mm gedacht. Außerdem hatte das Schweißgerät gebrannt. Etwas später holt mich der Mechaniker herein, er hat inzwischen das Schweißgerät zerlegt und repariert die verkohlten Teile. Alles wird mit viel blauem Isolierband repariert.
Zum ersten Mal seit der Ukraine, also seit etwa 3000km sind so eine Art Berge am Horizont erkennbar. Eine etwa 200m hohe, zerfressene Abbruchkante schlängelt sich von Nord nach Süd. Während wir weiter auf den Meister, warten werfen wir einen Blick auf das Satellitenbild, es zeigt eine Piste zu einem verzweigten Talsystem. Es wäre mal wieder schön in herrlicher Umgebung und windgeschützt zu campen. Wir verabreden mit dem Mechaniker, dass wir am nächsten Tag wiederkommen, ich hoffe bis dahin ist das Schweißgerät repariert und der Meister hat Zeit für uns.
Wir erreichen das zerklüftete Tal, aber kein Weg führt hinein. Der Boden hat nur spärlichen Bewuchs und ist relativ eben, also fahren wir einfach hinunter. Die idyllische Stelle fordert sogleich einen Spaziergang durch das Tal. Überall wachsen herrliche Gräser, die mit ihren buschigen Köpfen leicht den Boden bedecken. An manchen Stellen ist dieses Gras kräftig Grün, an anderen bräunlich Rot. Das wogende Gras ist wie ein erhobener Boden durch den man hindurch tritt. Flinke Eidechsen huschen vor uns zurück. Überall gibt es Löcher von Erdhörnchen. Diese selbst sind zunächst nicht zu sehen. Blickt man jedoch durch das Fernglas, so stehen sie überall herum. Nur in unmittelbarer Nähe sind sie in ihren Bau verschwunden. Als nächstes freuen wir uns über drei Schildkröten, die über die saftige Weide marschieren und fauchen als wir näher kommen. Im Hintergrund sind einige Kamele. Ein Adler kreist kurz über uns und begutachtet unser Essen.
Am nächsten Morgen fahren wir aus unserem schützenden Tal heraus und erleben einen Sand- und Staubsturm, wie ich es zuvor noch nicht gesehen habe. Es ist warm, im Auto drückend heiß, der Himmel ist grau-gelb, die Luft voller Dreck. Die Sicht beträgt manchmal nur wenige Meter: Wir fahren zurück nach Beyneu. Das Schweißgerät ist leider noch nicht betriebsbereit. Da die Schweißarbeit nicht so wichtig ist, fahren wir weiter.
In Beyneu hatten wir Tags zuvor zwei Wasserstellen gesehen, an denen Wassertransporter befüllt wurden. Mit der Aussicht hier Wasser zu bekommen hatten wir uns eine verschwenderische Dusche gegönnt. Heute wirbelt trockener Staub durch die Luft, keine Menschenseele ist zu finden, die Wasserstellen verschlossen. Offensichtlich gibt es hier nur an bestimmten Tagen Wasser. So muss halt der Rest der noch im Kanister ist reichen.
Der letzte Teil zur Grenze ist angenehm zu fahrende Waschbrettpiste. So kommen wir gut und schnell voran und erreichen um 13:00 Uhr die Grenze. Diese besteht aus einem quadratischen Hof mit zwei Schranken und einigen kleinen Baracken. Das Kasachische Häuschen ist zwar noch besetzt, aber man gibt mir zu verstehen, jetzt sei erst einmal Mittagspause, man deutet mir, dass es um 2:00 Uhr weiter geht. Wir warten in der Hitze, das Außenthermometer zeigt im Schatten 30°C, es stürmt, die Luft ist voller Dreck.
Tatsächlich tauchen kurz nach 2:00Uhr Uniformierte auf und belagern uns. Sie wollen dies und das wissen, sind einfach gelangweilt. Doch nach zwei Stunden sind wir in Usbekistan. Dies ist wohl einer der abgelegensten Grenzübergänge dieser Erde. Dazu vielleicht der windigste. Was muss ein Mensch verbrochen haben, damit er hierher versetzt wird.
Erst ist die Strasse ein paar Kilometer geteert, dann eine gute Piste, die aber immer schlechter wird. Einige zig Kilometer weiter ist ein Bautrupp an der Arbeit. Neben der Piste wurden zwei Wälle aus Kies und Sand aufgeschüttet. Ein Tanklaster gießt zwischen diese Wälle schwarzes stinkendes Zeug, wahrscheinlich Rohöl, wie es nebenan aus der Quelle sprudelt. Dann kommen etliche Kilometer weiter zwei Bagger, die den Schutt und den inzwischen weitgehend aufgesogenen schwarzen Saft vermischen, dies ist nun der Teer, der auf der Straße verteilt wird. So geht es flott auf frisch geteerter Straße weiter, die aber auch schon wieder erste Löcher aufweist. Wir nehmen einen ungewissen Abzweig nach Norden, wir wollen zum Westufer des Aralsees.
Den Zuflüssen des Aralsees wird so viel Wasser entnommen, dass diese oft den See gar nicht mehr erreichen. Dadurch ist der Aralsee immer weiter eingetrocknet und kleiner geworden. Die Wasseroberfläche beträgt nur noch etwa ein Drittel des Wertes von 1960. Die zwei früheren großen Hafenstädte Aralsk im Norden und Muynac im Süden, die einst eine Fährlinie verband, liegen heute jeweils etwa 150km vom Ufer entfernt. Dazwischen ist eine Salzwüste entstanden.
Der Aralsee ist überwiegend flach, genau wie seine Ufer. Deshalb ist es an vielen Stellen, wie im Norden des Kaspischen Meer, schwer, ihn überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Einzig das Westufer wird von einer 200m hohen Abrisskante gesäumt. Da dort das Ufer steiler ist, ist auch der See noch nicht so weit von seiner alten Uferlinie entfernt.
Anfangs ist die Piste geteert, dann in üblem Zustand, dann nur noch Rumpelpiste. Plötzlich sehen wir markant grüne Vögel mit rostbraunen Flügeln, die wir eine halbe Stunde lang beobachten. Es sind Blauwangenspinste, wunderschöne Vögel, die hin und wieder elegant auffliegen und große Insekten fangen, und danach wieder in Gruppen zufrieden beisammen hocken.
Nach etwa 60 Kilometer treffen wir auf die Abrisskante, aber wir blicken auf eine wüste Ebene, vom See keine Spur. Wir fahren weiter auf schlechten Staubpisten entlang einer einsamen Stromleitung nach Norden. Eine armdicke Schlange kreuzt unseren Weg.
Bei 44,5° nördlicher Breite biegen wir nach Ost von der Piste ab und erreichen nach wenigen Kilometern die Abbruchkante.
Ein atemberaubender Ausblick tut sich vor uns auf. Nach tagelanger endloser Ebene fällt vor uns das Gelände in grandiosen Stufen bis zum Ufer des Aralsees ab. Die unterschiedlichsten farbigen Gesteine, grüner Bewuchs, der blaue See, es ist überwältigend.
Wir würden gerne etwas weiter unten und windgeschützt campen. Nicht weit entfernt sehen wir eine steile Piste die Abbruchkante hinunter. Die Piste erweißt sich nach Erkundung als fahrbar und wir machen uns auf den Weg. Was uns erwartet ist ein überwältigender Weg durch die vielstufige Abbruchkante. Durch bizarre Landschaften, vorbei an bunten Hügeln, weißen Salzpfannen, kleinen Tümpeln. Am Ende wird es sehr sandig, dann ist es Zeit zu Fuß weiterzugehen. Nach ein paar hundert Meter stehen wir am Ufer des Aralsees, hinter uns eine wahnsinnige Kulisse. Die Luft steht, es hat 34°C im Schatten. Wir finden einen idealen Nachtplatz. Eben, weitläufig, mit See- und Bergblick.
Als wir ein Lebenszeichen an die Daheimgebliebenen absetzen möchten, stellen wir fest, dass wir keinen Satellitenempfang auf dem Handy haben. Bei der Abfahrt in Deutschland hatte ich das Telefon getestet, da ging noch alles, nun streikt es. In diesem Streikzustand verharrte es die ganze Reise.
Am nächsten Nachmittag beschließen wir, das warme Wetter zu nutzen und laufen die etwa 3 Kilometer zum Strand. Unterwegs treffen wir auf die unterschiedlichsten Eidechsen, die vor uns weg huschen. Mal lang gestreckt und gestreift, mal kurz und dick, farblos und mit stolz erhobenem Kopf. Am Ufer angekommen gibt es ein erfrischendes Bad. Der warme Wind trocknet uns im Nu, nur gestreifte Salzränder bleiben. Der See liegt herrlich türkisfarben vor uns, im Norden scheint ein Gewitter zu toben. Das Wetter ändert sich alle paar Minuten, mal scheint die Sonne, dann ist es wieder bewölkt, im Süden ist es tief schwarz.
Bei der Rückfahrt wählen wir die Fahrspuren die entlang der Abrisskante führen. Zwar ist die Piste hier schlechter, aber man hat einen ständigen Blick auf den Aralsee und die Wüste die er hinterlassen hat. Zwei weitern Schildkröten können wir erfolgreich ausweichen. Ebenso drei flinken Schlangen, wobei Schlage Nummer zwei sichtlich genervt ist und uns mit ihrem etwa 30 Zentimetern erhobenen Kopf in Kobramanier angreift. Ich versuche rückwärts zu fahren, aber die Schlange ist schnellet und verschwindet unter uns.
Nach etwa einigen zig Kilometern finden wir eine Piste über die Kante. Der Aralsee ist an dieser Stelle schon weit hinter uns. Wenn wir auf dem ehemaligen Seegrund eine Piste, die etwa nach Osten führt, finden, so wäre dies eine Abkürzung, die uns etliche Kilometer auf dem Weg nach Muynac sparen würde. Tatsächlich schwenken die Fahrspuren, nachdem sie zunächst nicht genau wissen, wohin sie führen sollen, nach Ost. Die Fahrspuren führen durch unwirtliches Gelände, über den einstigen Seegrund, durch die heutige Wüste.
Tatsächlich kommen wir nach Muynac, dem ehemals südlichen Aralseehafen. Früher lebten hier 200000 Menschen, heute sollen es 10000 sein. Selbst das scheint uns unwahrscheinlich. Von den Schiffsfriedhöfen ist kaum etwas übrig, seit der Einführung der Privatwirtschaft und dem anhaltend hohen Stahlpreis, lohnt das entsorgen der Schiffswracks.
Wir fahren weiter auf geteerter Strasse, eine wahre Wohltat. Noch etwas fällt uns auf, Bäume stehen am Straßenrand und es gibt Felder. Wir grübeln, wo wir die letzten Bäume gesehen haben. Es war am Uralufer, und davor, irgendwo in der Ukraine oder doch noch in Russland. Es liegt auf jeden Fall eine weite Strecke zurück.
Wir erreichen Nukus. Wir brauchen Wasser, Diesel und Geld. Ein herrlicherer orientalischer Markt empfängt uns. Wir schlendern über den riesigen Markt, ohne Landeswährung. Niemand schaut uns nach, niemand spricht uns an. An einem Durchgang spricht uns doch ein Sonnenbrillenverkäufer auf Englisch an. Ich frage ihn nach einer Geldwechselmöglichkeit, er nickt und wir folgen ihm. Er zeigt uns einen Mann mit Plastiktasche, das ist der Geldwechsler. Wir möchten 100€ wechseln, auf dem Handy tippt der Wechsler die Summe die wir dafür bekommen ein, 145000 Som. Wir sind einverstanden, obwohl wir nicht wissen, ob der Wechselkurs ok ist, aber alles macht einen äußerst ehrlichen Eindruck. Wir überreichen 100€ und bekommen dafür drei dicke Bündel 500-Som-Scheine, wovon korrekt zehn Scheine Abgezogen werden. Wir haben nun etwa 5cm Geld. Der größte Geldschein in Usbekistan ist der seltene 1000-Som Schein, dies entspricht 60 Eurocent, unser Geldwechsler hat nur 500 Som Scheine.
Wir haben schon öfter schwarz gewechselt, aber nie war uns so wohl dabei. Mit unserem neuen Reichtum schaffen wir es gerade 20 Meter bis zum nächsten Restaurant. Wir bestellen zwei Fleischspieße und zwei Bier. Nach deren Verzehr nochmals dasselbe, dazwischen zwei gefüllte Teigtaschen. Ein Fleischspieß kostet 500 Som, also etwa 30 Cent, ein frisch gezapftes Bier 800 Som, also etwa 50 Cent. Wir sitzen da, beobachten und genießen die Szene. Alles ist unglaublich entspannt. Wir sind hier in einem muslimischen Land, aber die Frauen trinken Bier und die Männer witzeln mit den sehr hübschen Frauen. Keiner nimmt uns wirklich wahr, von einer Belästigung keine Spur. Unser Geldwechsler setzt sich mal eine Weile mit anderen Männern an den Nebentische, mal läuft er winkend vorbei. Hätte der uns übers Ohr gehauen, was verdammt leicht gewesen wäre, er hätte sich nicht wieder sehen lassen. Es geht uns einfach gut.
Auf dem Weg aus Nurkus heraus, finden wir eine Tankstelle, die so ziemlich alles anbietet, Unterkunft, Restaurant, Sprit. Diesel gibt es nicht, aber dafür können wir unseren Wasservorrat auffüllen. Wir fragen uns bei den Tankstellen durch und finden eine Zapfsäule für Diesel. Ungläubig wechseln 140 Liter Diesel den Besitzer, der Tankwart und sein Sohn, der die Zapfpistole hält glauben nicht, was in unseren Tank reinpasst. Der Dieselpreis liegt im Bereich 50 Eurocent. Der Preis wird nirgendwo angezeigt, weder auf Schildern, noch zeigt die altertümliche Zapfsäule etwas anderes als eine Literzahl an. Zur Bezahlung sind über 200 Geldscheine nötig. Die Zählgeschwindigkeit des Tankwarts ist unglaublich, und bald wechselt ein etwa vier Zentimeter dickes Geldbündel den Besitzer.
Auf dem Weg nach Chiwa kommen zur Brücke über den Amu-Darja, der hier etwa 800 Meter breit ist. Die Brücke besteht aus vielfach geflickten Schwimmpontons, die nicht besonders dicht zu sein scheinen, jeder Ponton hat eine andere Neigung und Höhe, irgendwo blubbert eine Lenzpumpe und ein Schweißtrupp flickt die Löcher. Die Brücke ist voller Fußgänger, die ganzen Sammeltaxis lassen ihre Passagiere aussteigen, sonst kommen sie nicht über die Stufen zwischen den einzelnen Pontons.
Wir erreichen Urganch. Eine schöne Oase. Die Häuser sind einstöckig, die Strassen von Bäumen bestanden, eine liebliche Stadt. Nur gibt’s mal wieder keine Straßenschilder. Aber irgendwann finden wir die richtige Strasse und erreichen Chiwa.
Wir erkunden die Altstadt. Es gibt einige Spanische und vor allem Französische Reisegruppen, witzig mal wieder eine verständliche Sprache zu hören.
Das Stadtbild ist überwältigend. Die Stadtmauer und die Bauwerke aus Lehmziegeln, die Farben der bunten Kacheln an den Türmen und Medressen (Koranschulen) in der untergehenden Sonne, ein orientalischer Traum. Immer wieder werden wir angesprochen, jedoch nie angebettelt. Mal möchte sich eine usbekische Familie mit uns photographieren lassen, mal spricht uns ein Mädchen mit recht gutem Englisch an. Insbesondere die Mädchen und jungen Frauen schauen uns offen und freundlich entgegen, lächeln uns oft an. Unglaublich, dass auch in diesem Land bis zur Übernahme durch die Sowjetunion die Burkapflicht herrschte und dass Afghanistan mit seiner bis vor kurzem herrschenden Burkapflicht und seiner die Frauen unterdrückenden Verhältnissen nur wenige Kilometer südlich von hier ist.
Wir müssen nun auf derselben Straße etwa 50 Kilometer zurück fahren. In Urgench verfahren wir uns wieder völlig. Dabei behauptet der Reiseführer es seine eine äußerst übersichtliche Stadt, in der man auf Anhieb alles findet. Wir verlassen die Stadt, aber nach einigen Kilometern wird offensichtlich, dass es die falsche Straße ist. Wir fahren zurück und finden zufällig das Autoreparatur- und Schweißerzentrum von Urgench. Ich nehme ein abgebrochenes Dachträgerteil und laufe zu einem Schutzgasschweißgerät, dem ersten, das wir auf dieser Fahrt erblicken, und spätestens seit Kasachstan haben wir einen stets wachen Blick für Schweißgeräte. Ich halte einem stämmigen und bärtigen, etwas verwegenen Typen mit einer altertümlichen Schweißerbrille die Teile hin. Im Nu sind die Teile perfekt zusammengefügt, eine einwandfreie Schweißnaht.
Ich zeige ihm das andere Problem mit der abgerissenen Zentrierung für die Zusatzfeder. Mit Hilfe des Highlifts, der allgemein großes Aufsehen erregt, denn zwischenzeitlich steht gut ein duzend Schaulustiger um die „Germanies“, und zwei Spanngurten baue ich die linken Schraubfedern der Hinterachse aus. Mister Schweißbrille kommt und schweißt das Teil einwandfrei fest.
Die Pontonbrücke über den Amu-Darja ist wieder ein Erlebnis, und weiter geht es auf passabler Straße in Richtung Buchara.
Die zahlreichen Usbekische Polizeikontrollen laufen so ab: anhalten, Hände schütteln, auf die erste Frage mit Schulterzucken und „Germania“ antworten, dann freundliche Worte vernehmen, während die Hände wild fuchtelnd zum Weiterfahren auffordern. Von wegen korrupter Beamte, die ihr Salär aufbessern wollen. Die gibt’s in der Ukraine und noch ein paar in Russland und Kasachstan, aber hier haben wir keine getroffen.
Nach einigen Kilometern finden wir ein schönes Rastplätzchen an einer Stelle, an welcher der Fluss einige Kilometer breit ist. Wir lassen uns in einer herrlichen Bucht nieder, auf der anderen Seite liegt Turkmenistan.
Dann geht es weiter in die „Rote Wüste“. Völlig entspannt geht die Fahrt über die überwiegend gute Straße gen Buchara. Ein paar unkomplizierte Polizeikontrollen, abwechslungsreiche Landschaft, etwa jeder Stunde eine leichte Kurve. Wir haben kräftigen Rückenwind, so bleibt die Tankstandnadel fast unbeweglich und kaum ein Fahrtwindgeräusch, stört den Musikgenuss.
Die Bauwerke in Buchara sind atemberaubend, die Touristen- und Souvenirdichte ist jedoch auch nicht schlecht. Wir suchen ein preiswertes und gemütliches Hotel. Jeder kennt hier jeden, und man muss nur etwas blöd gucken, dann wird man gefragt, welches Hotel man denn suche. Auf die Antwort, man suche ein preiswertes, gutes Hotel, zeigt man uns ein solches.
Die Elektro- und Gasinstallation ist, wie überall in diesen Ländern, geeignet beim bloßen Anblick einer deutschen Sicherheitsfachkraft zum sofortigen Herzstillstand zu verhelfen, aber es funktioniert alles. Man kann sogar im Büro im Internet surfen.
Etwa fünf Minuten vom Hotel befindet sich das touristische Zentrum: der Labi-Hauz, ein Platz mit einem kleinen See in der Mitte, malerisch umrahmt von drei hochragenden, mit blauen Kacheln geschmückten Portalen und Bäumen. Auf dem Weg durchqueren wir eine der drei (von ursprünglich fünf) Handelskuppeln Bucharas. Diese Handelskuppel beinhaltet früher den Geldmarkt, heute sind es Souvenirgeschäfte. Wir fragen, ob hier jemand Euros tauscht und erhalten sofort den besten Kurs, den wir bisher in Buchara gesehen haben.
Um den See haben sich en paar touristische Lokale angesiedelt. Wir lassen uns an einem Tisch direkt am Wasser nieder und werden köstlich versorgt. Westliche Touristen speisen hier, aber auch Einheimische und usbekische Touristen. Es ist einfach paradiesisch.
Wir besichtigen in aller Ruhe die vielen Bauwerke. In einem Park westlich der Stadt halten sich viele alte Männer mit Bärten auf. Wir bleiben vor einer offenen Moschee fasziniert stehen. Der ganze Vorplatz ist mit Teppichen ausgelegt. Hohe Holzsäulen tragen ein reich verziertes hölzernes Dach. Ich photographiere scheu die Holzdecke und werde vom Moscheewächter aufgefordert, doch einfach nach Herzenslust Bilder zu machen. Und wir sollen doch auch ins Innere der Moschee, in den Gebetsraum, gehen. Verstohlen setzen wir uns nahe des Ausgangs in eine Ecke. Wieder kommt der Moschee-Wärter, besprüht den Saal und uns mit Rosewasser und deutet auf meinen umfangreichen Fotorucksack, ich solle doch photographieren. Wir machen ein paar Bilder und lauschen andächtig der Zeremonie. Wir zwei offensichtliche Ungläubige, Moni die einzige Frau und außer uns nur Weise aus dem Morgenland, sitzen gemeinsam in einer Moschee.
Der Magen meldet sich und so gehen wir zum nahen Basar. In einer Bude essen wir Teigtaschen und Fleischspieße. Beim Bezahlen unterhalten wir und kurz mit der Bedienung, einem 18-järhigen Mädchen, sie spricht passables Englisch. Die Zeche beläuft sich auf 3500 Som, die sie uns gewissenhaft auf einem Taschenrechner vorrechnet. Als wir ich ihr 4000 Som, gute 2€, gebe und das Wechselgeld zurückweisen möchte, lehnt sie kategorisch ab und schiebt Moni die 500 Som Wechselgeld in die Tasche, Trinkgeld ist auf dem Basar absolut unüblich.
Wir kommen wieder an der Moschee vorbei, in der wir früher am Tag saßen. Jetzt sind alle Plätze, auch die vielen auf den großen Teppichen vor der Moschee belegt, es ist Freitagsgebet.
Wir werden von fünf Jugendlichen in Deutsch angesprochen. Sie sind Deutschstudenten und möchten sich mit uns etwas zur Übung unterhalten. Ihr Deutsch ist recht gut, und mir als gebürtigem und bekennendem Schwaben wird mal wieder vor Augen geführt, wie viele unterschiedliche Vergangenheitsformen es in der deutschen Sprache eigentlich gibt. Dabei kommt ein Schwabe mit nur einer Vergangenheitsform auch ganz gut durchs Leben.
Außer in Chiwa und Buchara bei den alten Moscheen, haben wir keine Muezzine gehört. Der Grund ist einfach, die Regierung hat den Gebetsaufruf per Lautsprecher verboten. So bleibt einem das oft in muslimischen Ländern nervige Geplärre aus einem übersteuerten Lautsprecher erspart. Dagegen ist der echte Ruf eines Muezzins eine wirklich schöne und angenehme Melodie, die, wenn man sie in einer der Altstädte vernimmt, die orientalische Atmosphäre unterstreicht.
Auf dem Weg zurück ins Hotel kommen wir an der Rückseite des Stadions vorbei. Dort haben sich viele Polizisten postiert, irgendetwas muss da los sein. So gehen wir zum Eingang, viele Leute strömen hinein. Der Eintritt kostet umgerechnet 40 Eurocent, das Fußballspiel können wir uns nicht entgehen lassen. Wie alle anderen im großen und pompösen Stadion kaufen wir für umgerechnet 7 Eurocent eine Tüte Sonnenblumenkerne und beobachten das Spiel rot gegen blau. Das Spiel ist recht gut, das ist keine Provinzliga, da wird richtig Fußball gespielt. Allerdings ist das Publikum wenig begeistern, alle sind geschlossen für die Mannschaft in Rot, aber die Blauen gewinnen. Heute ist das Endspiel in der Bundesliga, wer wohl zu Hause Meister wird? Am nächsten Abend erzählen es uns deutsche Touristen die unseren Dialekt erkannt haben. Wir trinken einen Wodka auf den VfB.
Wir hatten ein offizielles Tauschbüro gesehen, mit einem erstaunlich guten Wechselkurs, aber das hat zu. Am anderen Ende der Stadt war auch ein offizielles Wechselbüro, mit demselben fantastischen Wechselkurs, also machen wir uns dorthin auf. Es hat geöffnet, aber die Geldvorräte des Wechselbüros belaufen sich auf 7000 Som, das sind umgerechnet vier Euro. Eigentlich wollten wir doch etwas mehr tauschen. Es ist unglaublich, aber da hat tatsächlich ein staatliches Wechselbüro geöffnet, immerhin arbeiten zwei junge Damen dort, und der gesamte Geldvorrat beträgt vier Euro.
Wir verlassen Buchara in Richtung Norden. Es geht durch Oasengärten, später durch Wüstenlandschaft. Nach etwa einer Stunde Fahrt tauchen die ersten Berge am Horizont auf. Später geht die Straße entlang von bewässertem, hügligem Agrarland, das mich an die Toskana erinnert weiter. Die Berge links und rechts der Straße werden deutlich höher, laut Landkarte erreichen sie auf beiden Straßenseite über 2000 Meter. Später erkennt man am Horizont schneebedeckte Bergzüge. Es sind die ersten Berge die wir auf unserer Reise sehen. Es wurde auch langsam Zeit dafür.
Durch liebliche Landschaften fahrend erreichen wir Samarkand. In den Außenbezirken gönnen wir unserem treuen Auto einen Ölwechsel. Samarkand wirkt sehr freundlich auf uns, sehr viele große Bäume spenden Schatten, wir sehen keine grauen Betonhochhäuser, alles ist grün. Wir durchqueren die Neustadt und wundern uns über den regen Verkehr und die Lebhaftigkeit und die Geschäfte. Seit knapp vier Wochen sind wir unterwegs, meist gehörte uns allein die Straße.
Wir finden ein nettes Hotel und spazieren bei sinkendem Sonnenstand in Richtung Registan, dem zentralen Platz in Samarkand, der von drei reichlich verzierten, rechtwinklig zueinander stehenden Medressen gebildet wird. Nach nur wenigen Minuten Fußmarsch stehen wir auf dem Platz. Der Anblick ist wahnsinnig schön, wir stehen da und staunen. Ein Polizist reißt uns zurück in die Wirklichkeit, ob wir nicht das Minarett besteigen wollten, die Aussicht sei zum Sonnenuntergang am Besten. So verdienen sich also hier die Polizisten ihr Nebeneinkommen. Das Minarett ist etwa 40 Meter hoch. Wir klettern über sehr enge und hohe Stufen die Wendeltreppe des Minaretts empor. Oben ist eine offene Luke, zu der man hinausschauen kann. Wir verbringen noch viel Zeit auf dem Registan, bis die Sonne untergegangen ist und der Magen knurrt.
In Anbetracht des Hungers entscheiden wir uns für das nächst liegende Restaurant. Dieses sieht zwar recht teuer aus, aber das ist uns heute egal. Im ersten Stock liegen wir auf der umlaufenden Terrasse auf usbekischen Pritschen und genießen Bier und leckeres Schaschlik mit Salat bei einer schönen Aussicht auf den Registan. Die Rechung erstaunt uns dann aber doch, allerdings anders als erwartet, das Ganze kostet umgerechnet noch nicht einmal sechs Euro.
Samarkand ist die einzige Stadt, die in der Märchenerzählung 1001 Nacht Erwähnung findet. Samarkand ist heute eine heitere Mischung aus Orient und Moderne. Die Sowjetzeit glänzt hier nicht mit Industrieruinen und Plattenbauten, sondern in der Sowjetzeit wurden die stark zerfallenen alten Gebäude aufwendig restauriert. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts war Samarkand aufgrund der relativ häufigen Erdbeben ein Ruinenfeld, heute ist es wieder ein Juwel des Orients.
Wir gehen zum Mausoleum Gur-e Amir. Es ist schon von außen grandios, eine große blaue Kuppel, flankiert von zwei Minaretten, davor ein Eingangsbogen, und alles herrlich verziert. Der Innenraum des Mausoleums ist detailreich mit Gold, Stuck und Malerei verziert. Reisegruppen kommen und gehen, wir sitzen da und können uns kaum satt sehen. Je mehr man schaut, je mehr Details erkennt man.
Wir verlassen Samarkand. Am Stadtrand wird nochmals Diesel getankt, die Dieselversorgung im vor uns liegenden Tadschikistan soll etwas schwierig sein. Die Berge, welche die Straße links und rechts flankieren rücken immer näher. Im Süden erhebt sich hinter den nächst gelegenen Bergen eine weitere, hohe und verschneite Bergkette. Das Tal ist malerisch, flach und fruchtbar. Nach etwa 40 Kilometern ist die Grenze erreicht. Die Grenzformalitäten sind problemlos, der Tadschikische Zoll will unbedingt Bakschisch, bekommt aber nichts. Dafür bekommen wir nur eine Einfuhrgenehmigung fürs Fahrzeug die nur acht Tage gültig ist.
Aus dem breiten, lieblichen fruchtbaren Tal wird nach wenigen Kilometern ein enges Gebirgstal. Aus der schlechten Straße wird eine holprige Piste die sich den Berghang entlang zwängt. Viele Erdrutsche haben die Piste verschüttet, diese Stellen wurden nur notdürftig fahrbar gemacht.
Wir durchqueren einige schöne Orte. Es ist Freitag, die Männer tragen ihre schwarzen Feiertagsroben und die Gebetsmützen.
Nach etwa 100 Kilometern treffen wir auf die Strasse zwischen dem Ferganatal und Duschanbe. Dies ist die einzige und wichtigste Verbindungsstraße zwischen den zwei Zentren Tadschikistans. Hier hatte ich eine halbwegs fahrbare Straße erwartet, was wir finden ist eine abenteuerliche Piste. Fahren auf Tadschikistans Hauptstraßen erfordert Schwindelfreiheit und Geduld. 20 Kilometer in der Stunde sind das Maximum. Die Straße windet sich entlang einer tiefen Schlucht nach Süden. In den Nebentälern sehen wir häufig Gewitter. In Anbetracht der vielen Bergrutsche und Steinschläge sollte man auf eine Regenfahrt in Tadschikistan möglichst verzichten.
Es ist später Nachmittag, wir halten Ausschau nach einem netten Plätzchen für die Nacht. Die Landschaft ist karg und steil. Jedes halbwegs ebene Plätzchen ist bewässert, bebaut und bewohnt. So kommen wir unserem ersten Gebirgspass immer näher, die Straße windet sich immer höher. Auf etwa 2800 Metern stehen wir plötzlich in einer großen Baustelle. Ungläubig starren wir durch eine Baustelle auf zwei Tunnelportale. Die Arbeiter erklären uns, dass die zweite Röhre gerade gegraben wird, die erste sei jedoch befahrbar. Aus der fahrbaren Röhre stürzt auf der gesamten Breite ein gut 30 Zentimeter tiefer, reißender Gebirgsbach. Durch diesen fahren wir, im nur spärlichst beleuchteten Tunnel lange aufwärts. Immer wieder stehen Baumaschinen, Kontainer oder Schalungen für die Betonierung der Tunneldecke im Weg herum. Hin und wieder ragen spitze Baustähle meterweit in den Tunnel hinein.
Nach etwa einer viertel Stunde vermeldet die Lichtmaschine Wassereinbruch und verweigert ihren Dienst. Beim Gedanken in diesem Tunnel und in diesem Gebirgsbach stecken zu bleiben ist eine Horrorvorstellung. Wir machen uns jendoch keine Sorgen, wir wissen ja, dass wir auch mit streikender Lichtmaschine noch problemlos stundenlang fahren können.
Aus etwa einem Meter Höhe schießt von rechts ein kräftiger Wasserstrahl quer durch den Tunnel. Dahinter wird es deutlich trockener, das war die Hauptquelle des Gebirgsbachs. Je weiter wir fahren, je schlechter wird die Luft. Die Sicht beträgt nur noch wenige Meter, so trübe und stickig ist es. Moni hält Ausschau nach Hindernissen auf der rechten Seite, ich konzentriere mich auf die Fahrerseite. Plötzlich blinken dunkel zwei orange Blinklichter auf.
Zwei Tadschiken hat es erwischt, ihr Auto streikt mitten im Tunnel. Wahrscheinlich hat die Zündung etwas zu viel Wasser abbekommen. Sie haben bereits zwei Sicherheitsgurte zusammen geknotet und als Abschleppseil an ihrem Auto festgemacht. Sofort haben sie sich an uns angebunden, und so geht die Fahrt im Schlepptau weiter. Wir überqueren den höchsten Punkt, nun kommt das Wasser von hinten, bald fahren wir wieder in einem Gebirgsbach. Durch ein tiefes Wasserbecken und eine hohe Schwelle wird am Tunnelausgang der Bach nach rechts geleitet und wir stehen inmitten von Schneefeldern im Freien.
Die Tadschiken binden sich ab und bedanken sich herzlich. Weitere Hilfe brauchen sie wohl nicht. Einerseits gibt es hier viele Arbeiter, die an der anderen Tunnelseite graben, andererseits scheinen sie das Problem zu kennen.
Es gibt einfacheres als in Tadschikistan zu reisen. Der Verwaltungsapparat stammt aus der Sowjetzeit, kaum etwas hat sich verbessert. Die eine Behörde weis nichts von den Bestimmungen der anderen Behörde. Aber alle Behörden halten sich für unglaublich wichtig. Zum Visum benötigt man im Ostteil des Landes das GBAO-Permit für die autonome Republik GBAO. Wir haben es bei der Tadschikischen Botschaft in Wien besorgt. Das Tadschikische Visum muss theoretisch innerhalb 72 Stunden nach Einreise in Duschanbe registriert werden. Diese Registrierung dauert angeblich zwei Wochen, wir haben es nicht gemacht. Genauso wenig haben wir die Einfuhrgenehmigung fürs Auto in Duschanbe verlängert. Das GBAO-Permit wiederum muss in Khorog registriert werden. Dass wir das gemacht haben, hat sich bei unseren späteren Problemchen als sehr hilfreich erwiesen, auch wenn mich die Kosten von 15€ plus einige Somoni pro Person etwas ärgerten. Zusätzlich muss man sich in jedem Provinzhauptort im OVIR-Büro und beim KGB registrieren. Beim KGB muss die genaue Fahrtroute angegeben werden, die dann genehmigt oder abgelehnt wird. So erfährt man dann, welche Strassen befahren werden dürfen und welche nicht. Es gibt keine generelle Auskunft, das entscheidet der KGB vor Ort. Für bestimmte Gebiete wie Nationalparks (die jedoch auf keiner Karte ausgewiesen sind) werden zusätzlich horrende Eintrittspreise verlangt, 100€ pro Person und Tag wurde uns genannt. Wer wandern will brauch zusätzliche Trekking-Permits, wo es diese gibt, haben wir nicht erfahren. Korrupte Grenzbeamte begrüßen einen in Taschikistan, korrupte Polizisten gibt es überall im Land. Die Polizeikontrollen (alle hundert Meter) in Duschanbe sind besonders nervig.
Eine Reise in Tadschikistan unter Beachtung aller uns derzeit bekannten, offiziellen Regeln würde so aussehen: Einreise, schnell nach Duschanbe fahren, Visum innerhalb 72 Stunden registrieren. Die Registrierung dauert zwei Wochen. In dieser Zeit kann man Duschanbe kennen lernen und herausfinden, wo es die Verlängerung der temporäre Einfuhrgenehmigung fürs Fahrzeug gibt. Danach das GBAO-Permit beantragen, dieses nach zwei Wochen erhalten. Das GBAO-Permit wird für die Gültigkeitsdauer des Visum ausgestellt, dieses ist nun nach vier Wochen jedoch leider abgelaufen …
Tadschikistan ist überwiegend gebirgig, sehr gebirgig. Die Landschaft ist grandios. Die meisten Leute, mit denen wir zu tun hatten waren sehr nett. Ausnahme die korrupten Uniformierten. Die „Strassen“ sind teilweise in sehr schlechtem Zustand. Man sollte sich sehr viel Zeit nehmen.
Die Dieselversorgung ist nicht überall problemlos. Es gibt viele Tankstellen, aber nur wenige haben Diesel. Auf dem Pamir Highway gibt es nur in Khorog Diesel. In Murgab haben wir auf dem Basar 20 Liter Diesel dubioser Qualität bekommen.
Schon bei der Einfahrt nach Duschanbe meckert ein Polizist über unser dreckiges Auto. Ich erkläre ihm, dass dies an den Tadschikischen Strassen liegt und dass wir weiter in den Pamir fahren wollen. Er meint, für die Hauptstadt sollten wir unser Auto waschen, aber er lässt uns dann doch fahren. Wir fahren quer durch die Stadt und werden noch fünf Mal von der Polizei herausgewinkt, wir sollen gefälligst unser Auto waschen. Aber letztendlich durchqueren wir ohne Autowäsche die Stadt.
Immer mal wieder sieht man Schilder von Hilfsorganisationen. Roter Halbmond und die bekannten westlichen Organisationen haben sich hier engagiert. Was sie tun, außer Schildern aufzustellen, bleibt uns verborgen. Uns scheint das Land fruchtbar, die Felder sind bestellt und die Herden reich und fett. Nur im Bereich der Hauptstadt haben wir viele nagelneue Toyotas mit der Aufschrift der diversen Hilfsorganisationen gesehen. Abseits sieht man niemanden der Hilfsorganisationen.
Immer mal wieder stehen die Gerippe und Reste von Panzern neben der Piste und erinnern daran, dass auch die Russen mal versucht haben, Afghanistan zu erobern. Die Piste schlängelt sich den Berghängen entlang nach oben. Bis 2600 Meter gibt es Dörfer. Darüber sehen wir bis fast zur Passhöhe bei 3275 Metern Viehherden. Hinter dem Pass geht es steil bergab, teilweise wurde die Trasse in die Bergwand gesprengt, rechts geht es hunderte Meter tief hinab. Ansonsten sind die Hänge mit unzähligen Blumen in gelb, rot und blau bewachsen. Wir beobachten einige Adler und mehrere farbenprächtige Steinrötel. Auf dieser Seite des Passes gibt es weder Dörfer noch Vieherden. Die autonome Republik GBAO scheint wesentlich mehr Anstrengungen in Bezug auf den Straßenzustand zu verwenden wie der Rest der Republik Tadschikistan. In GBAO ist der Straßenzustand ganz passabel.
An einer Kontrolle fragt der Polizist nach der Automarke, ich antworte Mitsubishi. Er meint es hieße „Matsubishu“ und schreibt dies in sein Buch. Daneben liegt ein Schreiben mit dem englischen Briefkopf der „United Nations Drugs Control Agency“. Darunter im Text wird dringend ein Mitsubishi Pajero gesucht. Bevor es noch zu Missverständnisse kommt bin ich mit „Matsubishu“ völlig einverstanden.
Wir erreichen den Grenzfluss zu Afghanistan, den Panj. Häufig blicken wir hinüber zum Afghanischen Ufer. Von zwei Männern begleitet, reitet zum Beispiel eine Frau, in eine Burka gekleidet und mit einem Sonnenschirm, auf einem Esel. Wenn sie auf dem Weg auf andere Männer trifft verhüllt sie sich vollständig, ist sie allein auf dem Pfad ist ihr Gesicht zu erkennen. Dieses Afghanistan liegt nur etwa 200 Meter von uns entfernt. Später sehen wir aber auch Afghanische Frauen ohne Burka.
Es ist drückend heiß, das Thermometer am Außenspiegel zeigt beständig über 30°C im Schatten an. Wir sind in einem tiefen Tal auf etwa 1500 Höhenmetern, das von hohen Bergen bis zu 6000 Metern flankiert wird.
Die Dörfer auf beiden Seiten des Tales sind sehr ordentlich und schön. Die Afghanischen Dörfer sind dabei deutlich einfacher gehalten als die Tadschikischen. Einfache Lehmbauten, allerdings oft kunstvoll an den Berghang oder auf Felsvorsprüngen platziert, um den schmalen Uferstreifen möglichst effektiv landwirtschaftlich zu nutzen. Auf unserer Uferseite blühen in den Dörfern viele Granatapfelbäume in leuchtendem Rot vor einem saftig grünen Hintergrund. Die Dörfer und deren Umgebung sind kräftig grün, die Berghänge hingegen sind schroff und karg.
Entlang der Uferstrasse ist das Gelände teilweise vermint. Ich weis nicht wer, wann diese Landminen gelegt hat, aber Schilder warnen davor. Allerdings ist nicht ganz klar, was nun alles als vermint anzusehen ist, und ob wirklich alles gekennzeichnet ist. Manchmal stehen nur noch die schwarzen Rahmen der Schilder. Es ist unklar, ob hier die Schilder geklaut oder ob hier die Minen entfernt wurden.
Um der Hitze zu entkommen, fahren wir in ein Seitental. Laut Landkarte solle sich am Ende des Tals ein besonders schöner Wald befinden. Sehr weit kommen wir nicht, dann versperrt ein großer Lawinenkegel aus dreckigem Schnee die Strasse. Diesen erkennt man zuerst gar nicht als solchen, man erwartet das hier im Tal bei 30°C auch nicht. Der Winter scheint hier schlagartig in den Sommer überzugehen.
Als wir am nächsten Morgen zurück aus dem kleinen Seitental ins Haupttal des Panj kommen, sehen wir auf der Afghanischen Seite wieder die Frau im Burka auf ihrem Esel und ihre zwei Begleiter. Wir waren zwar gestern nicht mehr so weit gefahren, aber es waren schon noch etwa 30 Kilometer. Die Afghanische Reisegesellschaft scheint nur eine kurze Nachtruhe gehabt zu haben.
Durch abwechslungsreiche Landschaft fahren wir auf guter Strasse den Fluss in seinem schmalen, tiefen Tal entlang. Immer wieder patrollieren sehr junge, bewaffnete Soldaten der Straße entlang. Hin und wieder werden wir angehalten und unsere Pässe kontrolliert.
Das Tal wird weiter, ein See ziert die Landschaft. Später mäandert der Fluss zwischen Sand- und Kiesbänken im nun weiten, aufgeschwemmten Talboden. Die Orte werden häufiger und größer. Wir sind von der Lebhaftigkeit der Orte überrascht. Außerdem von den Menschen. Sie sind nun durchweg sehr hellhäutig und haben europäische Gesichtszüge. Aber nicht nur das, viele kleiden sich auch europäisch, Frauen tragen engen Jeans und Sonnenbrillen. Und das in diesem ländlichen, abgeschiedenen Gebiet. Wir fühlen uns wie nach Oberitalien versetzt. Viel Wasser und Grün, dahinter die Berge, modisch gekleidete Frauen, eine passable Straße.
Einige Kilometer vor Khorog ist eine Polizeikontrolle. Die Jungs wollen die Pässe und ich denke mir nichts Böses. Der eine blättert kurz in unseren Pässen und erzählt was von „Problem“ und „OVIR-Registrierung“. Schnell machen sie klar, dass sie einfach nur Geld oder Wodka wollen. Sie inspizieren unser Gepäck und unsere Dachbox und drohen an, dass die uns alles auspacken lassen, es sei denn wir zahlen. Ich will ihre Registrierungsnummern sehen, aber sie haben keine. Ich mache klar, dass ich keinem Uniformierten Wodka geben würde. Nach etwas Hin und Her geben sie auf.
Khogog ist sehr belebt. Wir versuchen ein paar Euros zu tauschen, was nicht ganz leicht ist und gehen über den Basar. Am Straßenrand stehen einige LKW mit Chinesischer Zulassung. Offenbar wird das Gebiet von China aus versorgt, laut Landkarte gibt es einen lokalen Grenzübergang zwischen dem Pamir und dem Karakorum Highway.
Entsprechend gut ist nun die Strasse, wir kommen flott voran. Es ist sehr windig, immer wieder gehen Regenschauer nieder.
Der absolute Luftdruck in dieser Höhe beträgt deutlich weniger als 700 mbar. Der Motor läuft zwar problemlos, nur lässt er sich kaum noch starten, unverbrannter Diesel wird beim Startversuch zum Auspuff einfach wieder ausgestoßen. Wenn er dann mal läuft stößt der Motor bei niedrigen Drehzahlen schwarze Russwolken aus. Ab 3000 Höhenmetern haben wir immer ernstere Startprobleme. Das Auto lässt sich nur mit Tricks starten, zwei Mal vorglühen, dann Druckluft in die Ansaugung einblasen und hoffen.
Bei herrlichem Wetter fahren wir einem Pass entgegen. Über einigen Gipfeln hängen noch Wolkenfetzen, bis auf etwa 4000 Meter herunter hat es in der Nacht an einigen Hängen etwas geschneit.
Kurz vor dem Pass sehen wir eine wunderschöne Piste den Berg hinauf. Nach einer Flussquerung geht es steinig bergan. Bei 4000 Metern parken wir das Auto, spazieren los und beobachten Murmeltiere und Adler. Zurück auf der eigentlichen Strasse erreichen wir bald die Passhöhe von 4250 Metern. Dahinter geht es nur ganz flach in einem weiten Tal bergab, wir haben die Pamir-Hochebene erreicht. Die Strasse ist schlecht, die Landschaft grandios, Moni ist ziemlich matt von der Höhe.
Durch weite Täler schlängelt sich die Strasse, eine traumhafte Landschaft. Laut Karte gibt es eine Piste einem Bach entlang zu einem See, an der ein Geysir liegen soll. Die Piste ist in der Karte als unterste Kategorie eingezeichnet, das trifft die Tatsache auch ganz gut. Manchmal sind die Spuren nicht mehr zu erkennen. Hier wird allerfeinstes Offroad geboten: Steilauffahrten, extrem schräge Passagen, sumpfige Bachdurchquerungen und ein nasser, schwammartiger, glitschiger Berghang.
Tatsächlich finden wir den Geysir. Es ist ein munter vor sind hinblubbernder kalter Geysir. Ein ansehnlicher Schneehafen zeugt davon, dass der Geysir tatsächlich regelmäßig richtig ausbricht. Sonst hat es hier weit und breit keinen Schnee mehr. Wann und wie of der Geysir ausbricht bleibt sein Geheimnis. Wir fahren weiter zum See. Unweit davon suchen wir ein windgeschütztes Plätzchen, aber bald schon dreht der Wind und wir sitzen im heftigsten Sturm.
Drei Jungs kommen von einem Haus, das etwa 2 Kilometer entfernt, aber in Sichtweite ist und erkunden unser Lager. Wir grüßen freundlich, und sie ziehen wieder ihrer Wege.
Bei uns scheint die Sonne, in der Bergkette nur wenige Kilometer südlich tobt ein Schnnee- und Regensturm. Das Licht ist völlig bizarr. Eine viertel Stunde später steht der Hauptgipfel der Bergkette wieder in der Sonne, aber die nächste Front ist schon im Anzug.
Später kommen zwei Jungs zurück. Sie haben eine Schale einer sehr dicken, sahnigen Sache mitgebracht, die sie mir überreichen. Ich versuche, es ist offensichtlich, dass es sich hierbei um eine leckere Sache handelt, aber dass Zeug hat einen so penetranten, bockigen Nachgeschmack, dass mein Magen nur noch nach Wodka ruft. Ich mag herzhaften Käse, kein noch so stinkender Französischer Weichkäse hat mir bisher nicht gemundet, aber das Zeug ist richtig heftig. Ich danke lächelnd den Jungs herzlich, sie ziehen ab. Wir entsorgen die lokale Spezialität in einem Erdloch.
Am nächsten Morgen beobachtet uns der Kleinere der Jungs, er ist vielleicht zehn. Ich fülle das Sahneschälchen, das sie uns gebracht hatte, mit Rosinen und bringe es ihm.
Eine Schafherde wird an uns vorbei getrieben, die zwei Hunde nehmen ihren Job, wie bei Schäferhunden hier allgemein üblich, nicht sonderlich ernst und gesellen sich zu uns. Sie graben die lokale Spezialität aus und sind darüber hellauf begeistert.
Als wir gerade fertig mit dem Frühstück sind, kommt der kleine Junge wieder, diesmal mit einem frischen Fladenbrot und einem weiteren Schälchen lokaler Spezialität. Moni macht ihm ein Nutellabrot, ich glaube es schmeckt ihm kaum besser als mir die Butter-Ziegen-Sahne-Sauce. Selbige füllen wir um und füllen sein Schälchen mit Trockenfrüchten. Fröhlich hüpft er davon. Die Hunde bekommen ihre zweite fette Mahlzeit an diesem Morgen. Danach legen sie sich faul hin und schlafen.
Da wir an einem Hang mit Fahrtrichtung Tal geparkt hatten, können wir das Auto anrollen lassen. Das schont Anlasser und Nerven. Wir fahren zurück auf die Hauptstrasse und dann einer Piste in Richtung Süden entlang. Sie führt auf einen über 4300 Meter hohen Pass. Als wir auf dem Pass ankommen herrscht ein Schneeschauer. Wir fahren noch etwas weiter entlang eines Sees und sehen im abziehenden Schauer die grandiosen Berge des Wakhangürtels vor uns. Der Wakhangürtel ist ein schwer zugängliches Tal zwischen Tadschikistan und Pakistan und gehört politisch zu Afghanistan, obwohl es von Afghanistan kaum zugänglich ist. In Anbetracht des Wetters verzichten wir auf die geplante Wanderung.
Vor Murgab erreichen wir eine sehr urigen Polizeikontrolle. Vier schäbige Uniformierte leben in einer kleinen Hütte, ein Ofen, ein Stockbett, zwei Betten, dazwischen ein Tisch, auf dem gerade das Essen steht und eine drei Liter Bierflasche bilden das Inventar. Einer schreibt unsere Pässe ab, und ermahnt mich, wir müssten uns in Murgab registrieren lassen.
Murgab ist mir aus den Tagebüchern Sven Hedins geläufig, damals war es eine russische Niederlassung mit dem Namen Pamirsky Post. Wir waren von Khorog und seiner Lebhaftigkeit überrascht, umso härter trifft uns die Provinzialität Murgabs. Der Basar besteht aus einer kurzen Reihe Ständen, die meisten davon sind ehemalige LKW-Aufbauten. Wir haben auf unseren Reisen, besonders auf dieser Reise schon öfter gedacht das Ende der Welt erreicht zu haben. Dieses Gefühl drängt sich wieder intensiv auf. Wir versuchen unauffällig einige Bilder vom Basar zu machen. Als die Leute uns mit der Kamera sehen, posieren die, photographiert zu werden ist hier das Größte. Alte und Junge, Männe wie Frauen möchten photographiert werden.
Wir suchen Diesel, ein Opa versteht, steigt in unser Auto und dirigiert uns in einen Hinterhof. Kinder umringen uns. Zwischenzeitlich kommt Opa mit vier 5L-Kanistern zweifelhaftem Diesel an. Er bringt sogar einen Trichter mit einem Filtersieb. Ich schütte den Diesel in den Tank, dabei setzt sich das Filtersieb öfter mal zu, gut, dass Opas Trichter so ein Filter hat.
Wir verlassen Murgab in Richtung Chinesische Grenze. Laut Landkarte soll es auf einer Nebenpiste einen Meteoritenkrater geben. Wir finden den Abzweig von der Hauptpiste, doch kurz später stehen wir vor einer weggeschwemmten Brücke. Wir fahren den Fluss etwas entlang und finden eine passable Furt.
Kurz später finden wir tatsächlich den Meteoritenkrater. Er hat einen Durchmesser von etwa 30 Metern und ist etwa 5 Meter tief. In dessen Nähe campieren wir. Der Ausblick ist grandios, das Licht- und Schattenspiel der untergehenden Sonne und der dunklen Wolken ist unglaublich. Bald nach dem Abendessen wird es jedoch empfindlich kalt, das Thermometer zeigt 5°C an, der Wind frischt auf. So verkriechen wir uns ins Auto und erfreuen uns unserer Heizung.
Vor gut einhundert Jahren ist Namensvetter Sven Hedin durch dieses Tal gezogen. In seinen Tagebüchern „Im Innersten Asiens“ beschreibt er seine Erkundung des Muztag Ata, den wir mit etwas Glück morgen sehen, und seinen Marsch und seinen Aufenthalt in Pamirsky Post.
Am Morgen will die Kiste partout nicht anspringen. Die Nachttemperatur betrug knapp unter dem Gefrierpunkt, der schlechte Diesel und die große Höhe machen den Start zu einem langwierigen Nervenkitzel, aber irgendwann ist Leben in Rudi. Wieder suchen wir eine Furt über einen Fluss. Beim ersten Versuch erweist sich die Stelle als viel zu tief, glücklicherweise erkennen wir es rechtzeitig, etwas weiter geht es dann problemlos.
Auf der guten Piste zum Tadschikisch-Chinesischen Grenzübergang fahren wir ostwärts. Vor der Grenze biegen wir auf eine nördliche Piste und machen erst einmal eine lange Pause. Der über 7500 Meter hohe Muztag Ata hüllt sich zuerst in Wolken, später ziehen diese weg, während von Süd schon die nächste Regenfront naht.
Wir fahren weiter auf der Piste in Richtung Nord und erreichen den angeblich elektrifizierten Grenzzaun aus Stacheldraht. Er verläuft etwa 10 Kilometer landeinwärts auf tadschikischer Seite. Wir folgen dem Zaun auf der auf unserer Landkarte eingezeichneten Piste.
Schon bald ist die Piste kaum mehr zu erkennen, es ist genau eine Fahrspur, der wir folgen. Der Untergrund wird immer sandiger, aber es geht noch, obwohl der Motor bald kocht, was in dieser Höhe schnell passiert. Einerseits ist die Motorkühlung in der dünnen Luft wenig effizient, andererseits ist die Siedetemperatur deutlich vermindert.
An einer Stelle gibt es nur ganz nahe am Zaun ein Durchkommen. Es bleiben zwischen Zaun und Düne zwei Meter um die Düne schräg zu erklimmen. Wir geben unser bestes, aber wir bleiben saublöd stecken. Rückwärts geht nicht, wir würden in den, angeblich elektrifizierten, Zaun rutschen, nach oben geht irgendwie auch nichts, sonst hätten wir uns trotz der Differentialsperren nicht fest gegraben.
Nach etwas Überlegung bleibt nur eine Möglichkeit, wir müssen irgendwie die Düne hoch. Wir reduzieren den Luftdruck in den Reifen auf 0,6 bar und unterlegen die Hinterräder mit Sandblechen. Zwischenzeitlich ist der Motor etwas abgekühlt, er startet erfreulicherweise relativ flott. Mit Vollgas komme ich die Düne hoch. Danach folgt feinste Dünenhopserei, wie wir sie aus Tunesien kennen.
Wir treffen auf eine Piste, die zu einem Tor im Zaun führt und folgen dieser. Unzählige Murmeltiere kreuzen unseren Weg und haben oft ihren Bauausgang verkehrsgünstig in die Mitte der Piste verlegt. Diese Löcher zwingen zu manch einer Notbremsung. Das Wetter bietet alles von Sonne über Sturm zu Schneeschauern alles.
Wir erreichen ein Militärcamp. Die Strasse ist von einer Schranke gesperrt. Blöd nur, dass sie Schranke die Einfahrt in ein Gebiet sperrt, wir aber genau da herkommen und raus wollen.
Die Soldaten sind nett und bitten mich in die Baracke um die Passdaten aufzuschreiben. Die Jungs leben echt urig in ihrer Baracke am Ende der Welt, keiner weis so recht was los ist, aber irgendwie sollten wir wohl nicht aus der Richtung kommen, aus der wir gekommen sind. Es wird telefoniert, so ein Telefon, bei dem man erst kurbelt, dann die Nummer wählt. Ich kannte das bisher nur von alten Filmen. Eigentlich ist es nicht schlimm, was wir gemacht haben, aber irgendwie können sie uns doch nicht einfach fahren lassen. Außerdem fehlt uns die Registrierung in Murgab.
Wir einigen uns darauf, dass ein Soldat mit uns nach Murgab mitfährt. Für uns ist das ein Umweg von vielleicht 80 Kilometer. Wenn wir dann die Registrierung nachholen und die Sache erledigt ist, dann wäre das für uns akzeptabel. Zwar wird der Sprit knapp und wir haben kein tadschikisches Geld mehr, aber es sollte reichen.
Stunden später landen wir in Murgab jedoch nicht im OVIR-Büro, wo es die Registrierung gibt, sondern beim Militär. Wir werden durch stockdustere Gänge in ein Büro geführt. Rund fünf, Mal mehr Mal weniger, Militärs befragen uns. Der mit den meisten Sternen hat drei derselben am Revert. Einer in Zivil scheint aber auch relativ wichtig zu sein. Die Stimmung ist soweit recht gut. Wir geben unser Bestes, aber als Antwort erhalten sie meist nur ein Achselzucken, wir verstehen weder Tadschikisch noch Russisch. Wenig später kommt eine junge Frau hinzu, sie spricht perfektes Englisch. Sie ist aus Murgab und arbeitet hier für eine Hilfsorganisation. Immer wenn es Ärger gibt, dann wird sie hinzugezogen, sie erhält nichts dafür und ist ziemlich ärgerlich, da sie Gäste zu Hause hat.
Sie übersetzt die ganzen Fragen, und wir klären den Sachverhalt. Wir sind ohne Berechtigung in ein gesperrtes Gebiet eingefahren. Man steht uns zu, dass wir es nicht wissen konnten und ohne Vorsatz in die Lage geraten sind. Man brauche aber noch ein Protokoll, dann könnten wir weiterfahren. Ein Protokoll wird erstellt. Hier wird alles Mögliche aufgenommen, vom genauen Tathergang, bis zu unserem Arbeitgeber und unserer Ausbildung.
Das Protokoll muss nun, von Hand, denn ein Kopierer existiert nicht, vervielfältigt werden. Offenbar werden drei oder vier Kopien benötigt. Das Protokoll besteht aus mindestens fünf Seiten, des Weiteren werden andere Unterlagen geschrieben. Der Dreisternemensch deutet uns, dass bald alles vorbei ist und alles in Ordnung sei. Die Übersetzerin darf nach gut zwei Stunden endlich nach Hause.
Ein Viersternemensch erscheint. Plötzlich wie die Stimmung sehr rau und laut zwischen dem Drei- und dem Viersternemensch. Als das Gebrüll eskaliert, werden wir von einem Zweisternemensch ins Nebenzimmer geführt. Das passt uns gar nicht, unsere Pässe sind bei den schreienden Streithähnen, wir auf dem Abstellgleis.
Nach einigen Stunden reicht es mir. Ich probe den Aufstand, aber einige Soldaten machen mir unmissverständlich klar, dass ich besser ruhig und friedlich sein soll. Irgendwann kommt dann ein Zivilist und meint, wir sollen bald zu ihm ins Büro. Wir fahren durch die schwarze Nacht einige Strassen weiter, der Zivilist fährt mit uns. Er sagt er ist vom KGB. Moni hat vergessen das GPS abzuschalten, es vermeldet nun lautstarken Alarm, da die Antenne zu Boden geworfen wurde. Wir ignorieren vornehm das Gepiepse. Nicht dass noch jemand böses vermutet, dass wir den Grenzzaun mit dem GPS vermessen hätten.
Wir hocken lange in einem dunklen Zimmer mit einem einzelnen Uniformierten, der eine Taschenlampe hat. Strom scheint der KGB hier nicht bezahlt zu haben, denn es hängen Birnen an der Decke, aber nichts leuchtet. Es ist kalt.
So langsam haben wir schlechte Laune, dann bringt man uns immerhin Tee. Einige weitere Leute erscheinen, der Drei- und der Viersternemensch, der KGB-Zivilist, einige andere und eine Frau, die dolmetscht.
Die Atmosphäre ist besser als jeder Spionagekrimi. Wir sitzen auf zwei klapprigen Stühlen, gegenüber sitzt uns eine handvoll, meist Uniformierter, auf einem Bett, dazwischen steht die Übersetzerin, kein Licht, jeder Offizielle fuchtelt irgendwie mit einer Taschenlampe rum. Fakt ist, wir sind für drei Tage festgenommen, unser Auto wird durchsucht, dann wird man weitersehen.
Ich mache unmissverständlich klar, dass ich die Behandlung als unangemessen empfinde. Daraufhin wird die Autodurchsuchung vorgezogen. Der KGB-Zivilist lässt sich alles vorführen. Zwar ist es Nacht, aber er will wirklich alles sehen. Ziellos riecht er an allen unseren Gewürzen, untersucht jede Ecke.
Schon die ganze Zeit über waren Photos von der verbotenen Zone und dem Zaun ein Thema. Meine Phototasche mit vier Kameras ist natürlich höchst verdächtig. Ich zücke die Digitalkamera, mit zweifach Telekonverter und 400mm Objektiv ein eindrucksvolles Monster. Das letzte was ich photographieren wollte, war ein Geier. Ich zeige knapp 200 Bildern von Murmeltieren, Vögeln und vom Basar. Sie nehmen auch unsere drei anderen Kameras zur Kenntnis und wollen, dass ich eine Kamera öffne. Ich spule vorher den Film zurück und kann ihnen bedenkenlos das Innere meiner Kamera zeigen. Die streng geheimen Bilder vom Zaun sind alle auf Film und werden nicht entdeckt.
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

Die Übersetzerin verlässt uns, dafür übernimmt ein alter Mann ihre Aufgabe. Nach der Fahrzeugdurchsuchung sitzen wir wieder im dunkeln Zimmer und warten darauf, wie es nun weitergeht. Ein Anruf geht ein. In Khorog wird über unser Schicksal entschieden, aber auch dort ist Wochenende und Abend. Deshalb werden wir frühestens morgen unsere Pässe zurückbekommen. Es gibt noch eine Diskussion über unseren Verbleib in der Nacht. Wir stehen unter Polizeischutz. Da keiner weis, was mit uns anzufangen, dürfen wir aber doch den Ort verlassen und irgendwo nächtigen.
Bei der heftigen Wellblechpiste nach Murgab hatte ich manchmal sehr viel Weg im Bremspedal, zeitweise musste ich nachpumpen, ehe die Bremse einsetzte. Dies deutet auf einen starken Radlagerschaden hin. Vor ein paar Tagen schon hatten wir kurz ein seltsames Geräusch gehört. Ich kontrolliere die Vorderräder, rechts scheint alles in Ordnung, links ist etwas Lagerspiel erkennbar. Ich stelle das Lager nach.
Wir fahren zum KGB. Der KGB-Mensch und der alte Übersetzer sind da. Der KGB ist zum Schluss gekommen, dass man uns laufen lassen kann. Wir müssen jedoch noch auf die Dame vom OVIR-Büro warten. Wir reden noch etwas mit dem Übersetzer, dabei wird uns die grundsätzlich unterschiedliche Sichtweise klar. Wir fühlen uns unschuldig, denn in unserer Sichtweise ist alles erlaubt, was nicht verboten ist, hier ist grundsätzlich erst einmal alles verboten, es sei denn der KGB gibt eine Erlaubnis. Die Dame vom OVIR kommt und hört sich die Geschichte an, wir folgen ihr zu ihrem Büro und sie registriert uns. Wir erhalten unsere Pässe zurück. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass es doch so einfach werden würde, zumindest auf eine Geldstrafe waren wir gefasst, wir waren den Jungs ja völlig ausgeliefert.
Wir kaufen noch ein Brot von unserem letzten Tadschikischen Geld und verlassen schnell Murgab. Nach etwa 40 Kilometern kommen üble Geräusche aus dem rechten Radlager und ich spüre Schläge im Lenkrad. Wir zerlegen das Lager, das Innenlager hat völlig gefressen, die Lagerschale ist gerissen. Es ist mir etwas schleierhaft, weshalb ich das am Morgen nicht bemerkt hatte, zweimal hatte ich das Lager geprüft, da ich es in Verdacht hatte und da mir schon einen leichten Saden bekannt war. Bei den hiesigen Straßenverhältnissen macht sich ein Lagerschaden nicht lange vor dem Exodus durch Dröhnen, wie auf deutschen Strassen, bemerkbar.
Als ich die neue Lagerschale einsetzen will, stelle ich fest, dass das alte Lager den Lagersitz um etwa einen halben Millimeter aufgeweitet hat, das neue Lager kann so nicht montiert werden. Wir überlegen, wie wir den Schaden beheben können. Als mit die Fühlerlehre in die Hände kommt erscheint mir als beste Lösung, zwei Metallstreifen der Fühlerlehre um die Lagerschale einzusetzen. So hat die Lagerschale fast rundherum und fast auf ganzer Breite Sitz. Der Rest lässt sich problemlos montieren. Radlagerwechsel auf 4000 Metern, bei Sonne und Graupelschauern. Während der gesamten Reparatur, immerhin rund zwei Stunden, kommt kein einziges Auto vorbei. Wir fahren weiter, das Lager scheint in Ordnung.
Oft finden wir die Hörner von Marko-Polo-Schafen, diesen großen, vom Aussterben bedrohten Bergschafen mit den großen Hörnern, die Marko Polo als erster beschrieben hat. Ein lebendes Marko-Polo-Schaf sehen wir jedoch nicht.
Lange fahren wir an dem Grenzzaun entlang, dessen Annäherung ein paar Kilometer weiter südlich, uns so viel Ärger bereitet hat. Wir überqueren einen 4655 Meter hohen Pass, der höchste Pass entlang des Pamir Highways. Durch grandiose Landschaft geht es weiter, bis wir vor uns den Kara Kuhl, diesen großen Salzsee auf knapp 4000 Metern sehen. An seinem Südrand fahren wir durch die Ebene und finden ein halbwegs windgeschütztes Plätzchen auf einer Sanddüne. Als ich auf die Unterlegkeile fahren will stirbt der Motor ab, als ich ihn wieder starten will streikt der Anlasser. Wir können zwar morgen das Auto zum Dünenkamm schieben und von der Düne herunter anrollen lassen, aber ohne Anlasser mitten in der Einöde ist ein etwas unangenehmes Gefühl.
Auch graut uns etwas vor dem morgigen Grenzübertritt. Wir wissen, dass unsere Fahrzeugpapiere nicht mehr gültig sind, wir haben nur eine temporäre Einfuhrgenehmigung für acht Tage bekommen, dem korrupten Zoll bei der Einreise sei Dank.
Die dünne Luft, daher ständiges Herzklopfen und Atemlosigkeit, das ständig wechselnde Wetter und der starke Wind, der Ärger mit den Uniformierten, der bevorstehende Zoll, die Spritknappheit, die ständigen Startproblem in der dünnen Lift und jetzt noch die Probleme mit dem Anlasser setzen uns zu. Wir planen den nächsten Urlaub „all inclusive“ auf Mallorca, aber das haben wir früher auch schon getan, es ist nie dazu gekommen.
Der Wind treibt dicke Wolken herbei, dazwischen blaue Streifen. Das Wechselspiel des Lichts auf den schneebedeckten, bis zu 7000 Meter hohen Bergriesen, dem tiefblauen See und der grün-gelbe Ebene davor ist ein grandioses Naturschauspiel, das uns etwas über unsere leicht missliche Lage tröstet. Ich möchte eine Pfeife rauchen, aber selbst Streichhölzer zünden in dieser Höhe nicht. Es gibt nur ein kurzes Zischen und ein Glimmen geht durch den Streichholzkopf, Feuer entsteht jedoch nicht.
Zum Abendessen gibt es Weißwürste, danach Paradiescreme mit Pfirsichen. Moni versucht mit allen Tricks die Stimmung zu heben. Unsere voraussichtlich höchste Nacht beginnt sternenklar, später zieht ein fast voller Mond auf. Auf 4000 Höhenmetern funktioniert unsere Standheizung nur noch mit verminderter Leistung, bei voller Leistung überhitzt sie. Aber immerhin, sie funktioniert und wir sind ihr dafür sehr dankbar.
Morgens starte ich mit einem Achterbahnfreiflug die Sanddüne herunter, der Motor läuft. Wir erreichen das Zollhaus auf etwa 4200 Höhenmetern. Ich störe die Zöllner beim Backgammonspiel. Sie sind freundlich und notieren kurz unsere Passdaten. Ich erkläre, dass unser Auto nicht starten will, so schicken sie mich gleich weiter zum Militär. Dort werden unsere Pässe unbürokratisch abgestempelt. Niemand fragt nach einer temporären Einfuhrgenehmigung für das Fahrzeug oder nach Registrierungen, Migrationskarten oder sonstigen Unterlagen.
Die Ausreiseformalitäten sind erledigt, aber Rudi streikt. Der Motor startet auch nicht nach massivem Anschieben der versammelten Zöllner. Diese Schieben mich bergab an, wir befinden uns auf einer engen Passstrasse, und ich versuche das Auto im Rückwärtsgang zu starten, und dabei die Spur zu halten. Kurze Lebenszeichen, aber nichts von Dauer ist vom Motor zu hören.
Wir schaffen es das Auto zu wenden. Ich rolle und versuche zu starten, aber es läuft nicht. Eine Umfahrung einer weg gespülten Straßenstelle ist definitiv das Ende der Rollpartie. Ich stoppe wenige Meter davor und überlege. Irgendwie fehlt vielleicht nicht nur Luft, sondern auch Diesel. Zwar ist gerade erst die Leuchte für die Reserve angesprungen, danach sind normalerweise noch locker 130 Kilometer fahrbar, aber irgendwie fehlt Sprit.
Ich pumpe mit der Handpumpe und entlüfte die Einspritzpumpe. Ich habe etwa 10 Meter Anlauf für den letzten Startversuch, danach sind wir auf die Hilfe des nächsten Fahrzeugs angewiesen, bis das kommt kann es dauern.
Die Karre springt tatsächlich an. Ich wende, nach ein Paar hundert Metern stirbt der Motor wieder ab. Ich pumpe wieder von Hand Diesel zur Einspritzpumpe, eine kurze Anlaufphase im Rückwärtsgang, und weiter geht es bergan. Nach weiteren Versuchen kommen wir an einem Zöllner vorbei, der sich langsam um uns sorgt. So kommen wir stückweise höher und passieren den Zoll. Nach weiteren Pump- und Rückrollaktionen erreichen wir den Pass auf 4350 Metern. Zwischenzeitlich stellt sich bei mir ein Muskelkater von der Benutzung der Handpumpe ein. Aber aus eigener Kraft erreichen wir die Passhöhe.
Bergab ist die Piste sehr rau. Immer wieder müssen wir Rudi gut zureden, sprich Pumpen. Aber wir kommen durch sämtliche Verschüttungen der Piste, auf welchen ein Anrollen oder Anschieben unmöglich gewesen wäre.
Die Einreise nach Kirgistan ist erstaunlich unkompliziert. Registrierung bei der Polizei und beim Zoll, fertig, keine Fahrzeugdokumente, nicht einmal das Visum wird abgestempelt. Die Zollgebäude sind neu und werden gerade frisch gestrichen. Im Vergleich zum Tadschikischen Zoll sieht es richtig gemütlich und vornehm aus.
Weiter geht es in einem schönen Tal, aber immer wieder versagt die Spritzufuhr. Wir werden Meister im Vorwärts- und Rückwärtsanschieben. Irgendwann wechsle ich den Dieselfilter, danach geht es erst besser, aber bald ist wieder der alte Zustand erreicht. Am etwa 20 Kilometer entfernten Talhang sehen wir die erste Kirgisische Siedlung, Sari Tasch, eine Ansiedlung von etwa 50 Häusern.
Wir schaffen es bis etwa zwei Kilometer vor die Siedlung, dann verweigert Rudi. Wir versuchen Autos anzuhalten, um uns bis zum nahen Dorf zu schleppen. Die Hilfsbereitschaft der Kirgisen scheint nicht groß, einige Autos fahren mit kopfschüttelnden Fahren vorbei, als eines anhält, ist die einzige Frage, was wie für die Abschleppung zahlen würden. Mehr Solidarität hätte ich hier auf dem Land erwartet.
Wir schieben Rudi etwa einen Kilometer weit zurück, dort kommt ein kleines Gefälle, das ausreicht um das Auto zu starten. Wir sind total geschafft. Aber die Karre bleibt wieder stehen, wir kommen einfach nicht weiter.
Wir schaffen es, einen Wolga anzuhalten, dem einige Zivilisten und Uniformierte entsteigen. Ich kann sie dazu Überreden, uns anzuschieben, aber abschleppen wollen sie uns nicht. Rudi tuckert ein paar hundert Meter weiter, dann streikt er schon wieder. Einer der Uniformierten bequatscht den Fahrer, der nur an Geld interessiert ist, uns doch abzuschleppen.
Sie schleppen uns ins nahe Dorf und suchen Diesel für uns, was nicht einfach ist. Dann folgt eine lange Diskussion, wie wir bezahlen können. Wir können letztendlich Euros tauschen, erhalten wir 30 Liter Diesel und dürfen für die drei Kilometer Abschleppen noch gut fünf Euro berappen.
Wir vermuten, dass der dubiose Diesel, den wir in Murgab getankt hatten, wahrscheinlich Heizöl war. Heizöl schäumt wesentlich stärker als Diesel. Wir denken, dass dieses auf den endlosen Holperpisten im Tank aufgeschäumt ist. Dadurch hat die Dieselansaugung Schaum im Tank angesaugt, deshalb ständig die Luft im Dieselfilter.
Immerhin sind wir nun wieder halbwegs flott. Kurz hinter dem Dorf stellen wir uns auf eine Wiese, so dass wir am Morgen das Auto anrollen lassen können. Wir teilen die Wiese mit Murmeltieren und Pferden, welche junge Fohlen bei sich haben.
Ich baue den Anlasser aus und die Demontage zeigt ein desaströses Bild, die Kohlen sind verbrannt, deren Halterungen angeschmolzen. Eine haltbare Reparatur ist ausgeschlossen, wir brauchen Ersatzteile. Ich repariere den Anlasser notdürftig, so sollte er einige Tage lang seinen Dienst verrichten.
Beim Frühstück am nächsten Morgen entwickeln wir einen Plan. Unten im Dorf hatten wir ein Haus mit der Aufschrift Telefon gesehen. Wir informieren die deutsche Botschaft in Bischkek und lassen uns dorthin einen Anlasser aus Deutschland schicken. Der Anruf bei der Botschaft erweist sich schon als Abenteuer, aber nach 30 Minuten steht die Verbindung, obwohl kaum etwas zu verstehen ist. Die deutsche Botschaft jedoch will für uns einfach kein Packet annehmen, das fällt nicht in ihren Aufgabenbereich. So muss dieser Plan verworfen werden, wir fahren nach Osch.
Auf dem steinigen, aber grandiosen Weg nach Osch finden wir die erste richtige Tankstelle seit langem, und tanken. Aus einer deutschen Zapfsäule mit der Aufschrift „Benzin bleifrei“, geeicht von der DEKRA im Jahr 2002.
Neben der Strasse stehen unzählige Jurten der Viehzüchter, es geht über einen malerischen Pass, tiefrote Erde scheint zwischen frischem Grün hervor, leider ist es regnerisch.
Wir erreichen Osch, nachdem uns die Polizei aus einer Einbahnstrasse jagt, parken wir das Auto und erkunden die Stadt zu Fuß. Wir suchen ein Hotel, die Auswahl ist einfach, wir finden nur eines mit extrem sowjetischem Charme. Es gibt es die Auswahl zwischen einem Zimmer mit Toilette, und ein Zimmer, bei welchem die Toilettentür zugenagelt ist, verschmuddelt sind sie beide. Der Preis 6 Euro entschädigt. So ziehen wir um in unsere „Luxussuite mit WC“. Die Betten sind bretthart.
Auf dem Weg zu einer Internetverbindung werde ich im Treppenaufgang angesprochen, ob das da unser Auto wäre. Durch das Fenster sehe ich Rudi und deute ja. Daneben steht ein anderer Pajero, das Paar, das mich angesprochen hat macht mir klar, dass das ihr Pajero sei. Ich frage sogleich nach einer Werkstadt, und erkläre, dass wir ein Problem mit dem Anlasser hätten. Der Typ, ein älterer Koreaner, der aber in Kirgistan lebt, telefoniert und erklärt mir, dass morgen um 10:00 Uhr der Mitsubishimeister hier wäre. Ich versuche zu erklären, dass momentan alles tut, aber dass wir Ersatzteile benötigen.
Ich gehe zu einem Internetladen und poste unser Anlasserproblem. Vielleicht kennt ja doch jemand jemanden in Bischkek, an den wir den deutschen Anlassern schicken können, oder es gibt irgendwo im Internet einen Hinweis auf eine Misubishi-Vertretung in Kirgistan oder in Almaty. Ich kämpfe mit einer klemmenden russischen Tastatur.
Zwischenzeitlich ist es Nacht in Osch. Auf dem Rückweg ins Hotel übersehe ich ein Loch im Gehweg, bleibe mir einem Fuß hängen und gehe zu Boden. Glück gehabt, nur die Hose und das T-Shirt sind dreckig.
Kurz vor 6:00 werden wir durch heftiges Klopfen und Rufen geweckt. Wird uns etwa das Frühstück gebracht? Nein, Madam von der Rezeption besteht auf sofortige Bezahlung der Zimmerrechnung! Zum Glück ist Moni an der Tür, ich wäre der Dame an die Gurgel gegangen.
Um zehn Uhr sollte der Meister bei unserem Auto eintreffen. Wir und der Koreaner sind pünktlich, vom Meister nichts zu sehen. Eine Stunde sitzen wir gemütlich beieinander und unterhalten uns mit Händen und Füßen. Ich glaube eh nicht daran, dass wir hier der Lösung unseres Problems näher kommen.
Irgendwann kommt der Meister. Ein schwarzer Mercedes mit zwei seltsame Typen, der Meister mit weißem Shirt und Sonnenbrille, der andere ist der Kofferschlepper und schleppt gleich zwei Werkzeugkoffer zu Rudi. In Minutenschnelle ist der Anlasser ausgebaut. Mir geht das viel zu schnell, aber der Koreaner macht klar, dass die Jungs gut wären. So schnell wie der Anlasser ausgebaut war, muss ich ihm Recht geben, ich habe da ziemlich lange dran rumgefummelt und mir die Finger verbogen.
Wir folgen dem schwarzen Mercedes mit dem Anlasser durch die Stadt zu einer Werkstadt. Offensichtlich ein Anlasserspezialist, in dem kleinen düsteren Raum sind knapp zehn Leute und unendlich viele Anlasserteile. Schnell ist der Anlasser zerlegt, ich zeige meine Notreparatur, und alle verstehen, dass die Kohlen und deren Halteplatte erneuert werden müssen.
Wir fahren zu einem Haus im Zentrum, das wohl irgendwie dem Koreaner gehört, obwohl er im Hotel nächtigt. Seine Frau tischt auf, dass der Tisch bald zusammenbricht. Wir lassen es uns richtig gut gehen und werden verwöhnt. Mit Händen und Füßen kommunizieren wir.
Als wir zum Hotelparkplatz zurückkommen ist der Anlasser bereits eingebaut und funktioniert. Ich hätte gerne die Reparatur gesehen, ich bin da immer noch etwas misstrauisch, aber in dem Fall muss ich einfach auf eine solide Reparatur hoffen. Als ich bezahlen will, weigert sich der Koreaners, es ist sein Geschenk an uns. Ich bin völlig platt, wir können uns nur herzlichst bedanken. Überglücklich gehen wir in den Internetshop und berichten von der unerwarteten Problemlösung.
Wir schauen noch kurz auf die Internetseite des Auswärtigen Amtes. Bei den Sicherheitshinweisen zu Kirgistan wird eindringlich auf die gefährliche Fahrweise der Kirgisen hingewiesen.
Wir entdecken ein nettes, traditionelles Restaurant. Die Liegepritschen stehen schön schattig unter Bäumen, das Klima ist einfach perfekt. Fast alle im Restaurant trinken etwas, das in Plastikkannen auf den Tischen steht. Ich frage nach, es ist Kumis. Was auch immer es ist, ich will eine Portion, 30 Cent ist mir dieses Geheimnis wert. Es kommt eine milchige Flüssigkeit, in der schwarze Böbbelchen schwimmen. Die schmeckt säuerlich, frisch und etwas nach Rauch. Vermutlich ist es vergorene Stutenmilch, dieser Verdacht wird später bestätigt, das Nationalgetränk Kirgistans.
Im Hotel stellt Moni später fest, dass plötzlich aus unserem Wasserhahn tatsächlich auch warmes Wasser kommt. Moni nutzt die Möglichkeit und hüpft sofort unter die Dusche. Ich folge, aber offensichtlich war das mit dem Warmwasser nur sehr kurzfristig. Anfangs ist es warm, dann sehr erfrischend. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, so ist es in einem Sowjethotel.
Eigentlich wollten wir länger in Osch bleiben, aber aufgrund des versifften Zimmers, der verdammt harten Betten und der Lautstärke des Verkehrs beschließen wir weiterzureisen.
Über holprige Strassen verlassen wir Osch, dann finden wir endlich die richtige Strasse. Die ist zwar gut, aber selbst bei den wenigen Autos ist der Verkehr chaotisch. Die erste geplante Abzweigung von der Hauptstrasse finden wir nicht, die zweite Möglichkeit führt nach langer Suche durchs Gelände und über Feldwege, dann finden wir endlich auch die richtige Strasse, die leider schon bald endet.
Kurz vor dem Ende finden wir noch ein Straßenschild, jedoch ist die Aufschrift nicht mehr lesbar. Wir entscheiden uns für eine Piste entlang eines Tales, die Richtung stimmt in etwa. Einige Bachdurchquerungen und Steilauffahrten sind recht anspruchsvoll, oft führt der Weg den Steilhang entlang und ist ausgewaschen. Zur Abwechslung gibt es auch mal tiefe Matschlöcher. Wir bekommen unsere Zweifel, ob das irgendwo hin führt. Ein Kirgise wäscht seinen Lada am Wegesrand. Ich frage ihn, ob der Weg durch geht, er deutet, dass es weiterginge. Irgendwann sind aber nur noch Pferde auf dem Weg, eine Fahrspur ist nur noch selten erkennbar. Wir fahren an einigen Sommerlagern der Viehzüchter vorbei, nach einer schaukeligen Flussquerung stehen wir auf einer Wiese mit zwei jungen Reitern, die geben uns zu verstehen, dass hier für Autos endgültig Schluss ist.
Wir haben das falsche Tal erwischt. Die Zwei erzählen etwas von „Fotoapparat“. Naja, so photogen sind die Jungs nicht, dann wird klar, wir sollen auf die Pferde steigen, einer der Jungs hat unter der alten Jacke eine schicke Fototasche. Wir staunen nicht schlecht. Wir lassen uns abknipsen, aber dann drücken wir den Jungs unseren Photoapparat in die Hand, wir wollen auch ein Erinnerungsbild, Moni und Sven am Ende des Pfades auf dem Pferd.
Gerne würden wir jetzt auf das Pferd wechseln, der Gedanke die ganze miserable Strecke, gut 50 Kilometer, zurück Fahren zu müssen, behagt uns gar nicht.
Die folgende Nacht über und den ganzen Morgen regnet es heftig. Kurz nach 12:00 Uhr machen wir uns auf den Weg. Die Fahrerei ist anspruchsvoll. Moni bedient die Differenzialsperren, ohne diese hätten wir keine Chance. Immerhin klafft zur einen Seite der Abgrund. Ich bin bald klatsch nass geschwitzt. Zwar ist die Luftfeuchtigkeit hoch, aber nicht die Temperatur.
Irgendwann treffen wir auf eine Geländewagenspur. Dieser Geländewagen, wohl ein Einheimischer der in das Tal wollte, hat umgedreht.
Das Ende der Schinderei ist nach einigen Stunden absehbar, da kommen von hinten übelste harte Schläge. Wir fahren noch weiter bis zur geschotterten Piste, dann lege ich mich mal unter das vor Dreck triefende Auto und stelle fest, dass der rechte Längsträger der Hinterachse am ersten Auge unten gebrochen ist. Der Spalt ist etwa 1 cm breit. Dadurch ist die Hinterachse auf der rechten Seite soweit nach hinten gerutscht, dass sie gegen die Halterung des Panhabstabs knallt. Diese Feststellung ist wenig erbaulich, wir brauchen ein gutes Schweißgerät.
Ganz vorsichtig fahren wir die letzten 10 Kilometer Piste. Wir kommen auf den Asphalt, und fahren vorsichtig die 40 Kilometer bis Jalalabad. Dort fragen wir uns durch, nach etwa einer Stunde haben wir eine Werkstadt mit Schweißgerät gefunden.
Zwei Jungs bauen den Träger aus, 16 andere schauen zu. Zu meinem Entsetzen ist der Träger nicht nur sichtbar unten gebrochen, sondern auch oben, die Hinterachshalterung war nur noch ganz leicht eingeklemmt. Wäre dieses bisschen Halt noch durchgerutscht, dann wäre der Schaden nicht mehr auszudenken.
Wir nehmen die Strecke über die Berge zum zweiten Mal in Angriff. Die Landschaft ist einfach malerisch, frisch bestellte Sonnenblumenfelder, dazwischen brachliegende Felder auf denen blau Blumen und roter Mohn blüht, darüber grüne Matten und schroffe, teils schneebedeckte Berge. Dazwischen liegen vereinzelte Dörfer und Gehöfte, überall bearbeiten Bauern mit Hacken die Felder. Alles ist grün, überall fließt Wasser.
Als wir höher kommen, wird der Ackerbau durch Viehzucht abgelöst. Entlang der Strasse stehen Sommerlager der Viehzüchter, an den Berghängen weiden große Schaf- und Rinderherden. Die Sommerlager stehen bis etwa 2200 Höhenmeter, dort finden sich auch die ersten Schneereste.
Die Strasse windet sich in steilen Serpentinen nach oben, teils geht es direkt neben der Strasse hunderte Meter fast senkrecht bergab. Bei gut 3000 Höhenmetern erreichen wir den Pass. Die angrenzenden Gipfel werden von Adlern umkreist, wir zählen neun Adler, die wir gleichzeitig sehen. Sie fliegen auch direkt über uns und beäugen uns neugierig. Auf dem Pass weht ein heftiger, böiger Sturm, es ist kaum möglich zu photographieren, man wird fast umgeworfen.
In unendlichen Windungen zieht sich die Strasse den Berg entlang ins weite Tal. Die Landschaft auf dieser Passseite ist viel weiter. Der Blick schweift über weite grüne Hügel zu lieblichen Bergen, dahinter schroffe Schneeriesen.
Plötzlich bemerkt Moni einen viel zu hohen Öldruck, die Anzeige hängt fast am Anschlag. Als wir anhalten sinkt der Druck. Auch wenn ich den Motor auf Drehzahl bringe, bleibt der Druck gering, aber sowie wir losfahren, steigt der Öldruck bis zum Anschlag. Wir halten an und wiederholen die Prozedur. Mir ist schleierhaft, weshalb der Öldruck nicht von der Drehzahl, sondern von der Tatsache abhängt, ob wir fahren, oder stehen. Wir beschließen, dass der Öldruckgeber wohl auf das Gerüttel reagiert, sonst fällt uns keine Erklärung ein und wir ignorieren vorerst die Anzeige. Etwas später ist die Anzeige wieder im gewohnten Bereich. Das Problem ist danach nie mehr aufgetaucht. Keine Ahnung, was das war.
Die Landschaft wir immer trockener. Die Strasse führt über weite Hochflächen, und stürzt dann jäh in die Tiefe. Durch eine Schlucht und es geht wieder steil den Berg hinauf, bis wir wieder knapp 3000 Höhenmeter erklimmen. Der Blick in die Ferne ist nun noch weiter, unter uns liegt eine völlig bizarre, karge und aride Erosionslandschaft, die sich entlang eines Flusses und weit gegen Süden zieht. Am Horizont entlang der chinesischen Grenze reihen sich schneebedeckte Berge nebeneinander, die knapp 6000 Meter erreichen. Ein heftiger Sturm bläst auf der Passhöhe.
Wir erreichen Narin, gleichnamig dem Fluss den wir seit langem folgen. Die Umgebung ist schön, das Kaff hässlich. Nun sind wir auf der Verbindungsstraße zwischen Kashgar in China und Bishkek. Die Fahrspur ist in unserer Richtung von den schweren, voll beladenen LKW tief ausgefahren. Normale Autos setzen in den tiefen Spurrillen auf und fahren entsprechend versetzt. Problematisch für uns ist nur das Ausweichen, wenn wir aus den tiefen Gleisen heraus müssen.
Hinter einem Pass bietet sich ein weites Panorama schneebedeckter Berge. Durch ein ebenso schönes Tal wie beim Aufstieg, windet sich die Strasse nach unten. Wir machen einen Abstecher zum Songköl, einem See der auf 3500 Metern liegt.
Danach fahren wir weiter Richtung Norden zum Issilkul. Zwischendurch möchte uns die Polizei mit einem falschen Radargerät ärgern, aber schnell sind wir ohne Buße wieder unterwegs. Ärgerlicher ist da schon die nächste Schranke, der Issikul gilt als Reservat, Einheimische zahlen 1€ Eintritt, Ausländer deren 10. Das finden wir etwas unangemessen.
Ein wildes Gewitter zieht über uns hinweg, wir lassen es passieren und hoffen auf gutes Wetter danach, der Plan geht auf. Als wir weiterfahren liegen viele Äste auf der Strasse, auch ein dicker Baum wurde entwurzelt, hier scheint es wild hergegangen zu sein.
Wir fahren am Nordufer des Issilköl entlang. Dieser etwa 200 Kilometer lange See liegt auf 1700 Höhenmetern und wird umringt von 4000-6000 Metern aufragenden Gipfeln. Anfangs ist das Seeufer recht einsam und verlassen, später reihen sich Ferienanlagen aneinander. Trotzdem finden wir ein schönes Plätzchen direkt am See. Am Südufer zieht ein weiteres Gewitter entlang, wir sitzen in der Sonne.
Durch grünes Land erreichen wir die Grenze zu Kasachstan. Zwar sind wir bis zum Mittag die ersten Grenzgänger, aber wieder dauert das Prozedere gut zwei Stunden, hauptsächlich die Kasachische Einreise braucht wieder relativ lange. Für die Fahrzeugpapiere will der Zöllner dann auch noch 50 Euro haben. Ich erkläre dem Zöllner, dass die Einreise nichts zu kosten hat, nach einer Weile gibt er auf, wir reisen kostenlos ein.
Der Himmel ist blau, dazwischen ziehen schwarze Gewitter über das Land. Wir kommen zu einer Geländestufe die einen weiten Blick über das Land bietet.
Wir fahren weiter zur Scharyn-Schlucht durch eine wild zerklüftete und stürmische Landschaft. Der Blick in die Schlucht ist grandios. Es heißt, vergleichbar mit dem Grand Canyon. Der Vergleich hinkt zwar, so tief ist die Schlucht bei weitem nicht, aber imposant ist die dennoch.
Laut Reiseführer gibt es einen Weg für „robuste Fahrzeuge“ in die Schlucht hinab. Wir finden eine Abfahrt, zögern jedoch, sie sieht etwas steil und ausgewaschen aus. Wir haben Zweifel, ob wir hier wieder hoch kommen. Aber der Gedanke an einen Nachtplatz in der windgeschützten Schlucht ist verlockend. Wir suchen einen anderen Weg, den gibt es aber nicht, so kehren wir zur Abfahrt zurück und riskieren es. Der Weg ist dann doch nicht so steil wie es den ersten Anschein hatte und führt durch eine enge Felsspalte, Moni muss mich Zentimetergenau dirigieren, damit wir durchpassen.
Unten ist ein schöner, sauberer Rastplatz mit Bäumen und Büschen, neben einem reißenden Fluss. Hier lebt jemand mit seinen zwei Hunden, die Übernachtung kostet 2 Euro.
Der Wind treibt die Wolken weg, sodass wir während des Abendessens einen farbenprächtigen Sonnenuntergang auf den roten Sandsteinfelsen genießen können.
Weiter geht es über weite, verlassene und trockene Ebenen. Nachdem wir eine etwa 500 Meter hohe Geländestufe hinabfahren wird es grün und fruchtbar. Die Strasse verläuft wieder einmal in einer schönen Allee. Der Verkehr nimmt immer mehr zu je weiter wir uns Almaty nähern. Man hatte uns schon vor dem Verkehrschaos Almatys gewarnt.
In Almaty erinnert nur wenig daran, dass wir in Mittelasien sind. Dichter Verkehr, meist große Geländewagen und SUV, Werbetafeln, darunter eine Werbung genau im Stil des Blöd-Markts, nur dass er hier anders heißt. Wir fahren durch das Zentrum, suchen und finden schnell den Weg nach Norden.
Am Straßenrand steht ein Schild: „Semi 1085km“, unser nächstes Zwischenziel. Entlang von Bergen durch überraschend abwechslungsreiche Landschaft kommen wir auf einer vernünftigen Strasse gut voran. Das Wetter bietet auch allerhand Abwechslung, Sonne, Sturm und Gewitter. Die Strasse lässt sich durchweg mit 60 – 80 km/h befahren. Wir hatten auf der Strecke von Almaty nach Semi weite, langweilige Steppe erwartet. Stattdessen ist es hier richtig nett. Wir campen an einem See. Etwa 300 Kilometer westlich, von dort wo der Wind herkommt, war früher das Sowjetische Atomtestgelände.
Hinter Semi erreichen wir bald die Russische Grenze, dahinter fahren wir weiter nach Barnaul. Die Stadt kündigt sich durch unzählige Datschas an. Schon die Vorortsiedlungen sind teilweise neue, attraktive Wohnanlagen. Wir kommen auf einer Autobahn über einen Hügel und vor uns steht die Skyline Barnauls. Neue Bauten prägen das Bild, bunt, in wilder Architektur. Bevor wir dieses neue Zentrum erreichen passieren wir alte, typisch Sibirische Holzhäuser am Straßenrand. Diese Stadt ist westlich und modern. Dazwischen sehen wir, unrasiert, mit unserem dreckigen, rustikalen Rudi aus wie die letzten Hinterwäldler. Der Unterschied zwischen Stadt und Land ist in Russland extrem.
Wir stürmen den nächsten Supermarkt. Ungläubig stehe ich vor dem Bierregal. Neben den großen deutschen Biermarken wie Becks, Flensburger (4 Sorten), Erdinger, Paulaner und Krombacher, steht hier ein Rauchbier aus Bamberg neben einem Biobier aus Crailsheim und vielen anderen Bieren aus Europa.
Wir fahren in einem Meer von weißen Schmetterlingen, welche zu Abertausenden herumfliegen, in den Altai. Wir erreichen einen schönen, großen See. In vielen Buchten befinden sich schon einheimische Camper, aber wir finden einen herrlichen, einsamen Platz auf einer Kiesbank. Dies ist nicht etwa das Ende der Welt, wie es die Landkarte prophezeit, sondern ein Urlaubsort mit Ausflugsbooten und Handynetz. Die Landschaft ist herrlich, der See erinnert an einen norwegischen Gebirgssee.
Der See liegt in der heißen Sonne einfach nur herrlich vor uns und verführt zum Baden. Irgendwann kann ich nicht widerstehen und versuche es, bis Hüfttiefe komme ich, dann trete ich die Flucht ins Warme an. Wir hängen das Thermometer ins Wasser, es hat nur 11°.
Wir fahren weiter Richtung Mongolische Grenze. Längst hatten wir hier gottverlassene Dörfer erwartet, stattdessen ist hier ein Urlaubsgebiet. Es gibt Zimmer zu vermieten, die Leute campen am Ufer des gigantischen Flusses, auf welchem Raftingboote fahren. Der Rummel hält sich in Grenzen und ist durchaus angenehm, überall gibt es etwas zu schauen und zu kaufen, zum Beispiel frisches Gemüse und Erdbeeren.
Weiter geht es zur Grenze, die Ausreise aus Russland ist zwar problemlos, dauert aber vier Stunden. Als wir kurz nach 18:00 Uhr am Mongolischen Schlagbaum ankommen ist dort abgeschlossen. Für uns kein Problem, aber kurz danach kommen zwei Mongolische Autos voller Leute, die wollen sicherlich nicht in knapp 2500 Metern Höhe die Nacht verbringen. Diese Mongolen bearbeiten die Zöllner, so können wir auch noch einreisen, es dauert auch nur zwei Stunden. Mein Beharren, die mongolische Haftpflichtversicherung mit Euro zu begleichen, stiftet allerdings eine Weile Verwirrung, aber letztendlich einigen wir uns auch darauf.
Da die nördliche Piste durch die Mongolei landschaftlich schöner sein soll, suchen wir diese. Die Piste windet sich durch ein enges Tal, plötzlich findet man sich auf einer weiten, wüsten Fläche wieder. Am Horizont Schneeberge, etwa 20 Kilometer entfernt phantastische Felsformationen. Etwa 40 Kilometer später stehen wir vor einem beachtlichen Fluss, die Fahrspuren verlieren sich am Ufer, sind aber nach etwas Suche auf der anderen Seite wieder zu finden. Es bläst ein heftiger Sturm.
Ich beginne den Fluss zu erkunden, schon bald ist die kurze Hose und die Unterhose nass und werden etwas zu spät gegen die Badehose getauscht. Der Fluss ist tief und reißend. Wir kapitulieren und fahren zurück um die Südroute durch die Mongolei anzusteuern. Wir erreichen mitten in einer völlig wüsten Landschaft einen Fluss, der aus einer Schlucht kommt, der es von seiner Größe durchaus mit dem Neckar aufnehmen kann. Hier finden sich herrliche Rastplätze.
Nach einer kleinen Bremsenreparatur geht es gemütlich geht es weiter nach Ölgii, das erste Aimag, das heißt unser erstes Verwaltungszentren und somit größere Siedlung in der Mongolei. Von Ferne sieht es fast wie eine Stadt aus, aus der Nähe ist es ziemlich desolat. Der Basar ist ziemlich witzig, und erinnert uns an Murgab, doch wir finden alles was wir suchen, inklusive Bremsflüssigkeit.
Wir fahren durch tolle Landschaften und campieren an einem See. Dort waschen wir unsere Wäsche, und da Moni meint, dass das Wasser warm wäre, gehen wir noch baden. Das Wasser ist relativ warm, relativ gesehen auf über 2000 Höhenmeter eben.
Die Szenerie ist grandios, der See, mit Kranichen, Möwen, Schwänen, Schwalben und Zitronenstelzen, Milane sind eh immer über uns, Gletscherberge im Hintergrund, rund herum kahle, unterschiedlich gefärbte Bergrücken. Der Wind treibt dicke Wolken umher, das Spiel des Lichts und er Schatten ist herrlich.
Die Piste zeiht sich durch Täler hinauf auf 2600 Meter. Oben gibt es viel grüne Weide und entsprechend viele Jurten. Ein idyllisches Bild: klare Bäche, grüne Matten mit Jurten und Tieren, darüber schroffe Berge, darüber Gletscher und blauer Himmel. Bald hinter dem Pass wird die Landschaft trockener, wir kommen in eine Wüste. Wenn man gerade keine schneebedeckten Berge sieht, wähnt man sich in der Sahara. Entsprechend ist die Temperatur weit über 30°C.
Hinter einem weiteren, niedrigen Pass liegt plötzlich Chowd, ein Aimag, im Tal vor uns. Die Stadt besteht aus ein paar Plattenbauten, sowie, drum herum, vielen Jurten in einem grünen Tal.
Das Kaff ist recht trostlos, aber immerhin bekommen wir auf einer Bank zwar keine Euros getauscht, aber Geld auf die Kreditkarte. In einem „Supermarkt“ finden wir ein paar Kekse, sonst gibt es nicht viel. Wir fahren weiter und sind hier inmitten einer trockenen Wüste, aber auf einer grünen Wiese an einem leise plätschernden Bach campen wir, verrückte Mongolei.
Von Palaver und Gelächter werde ich am nächsten Morgen geweckt. Eine Gruppe Mongolen nutzt die Furt für eine Morgenwäsche. Es ist die Besatzung eine UAZ-Geländewagens: 6 Männer, eine Frau und ein Junge. Sie sind farbenfroh gekleidet. Vom Bett aus beobachten wir die Gruppe, eine Flasche Wodka wird geleert, es ist 7:00 Uhr. Leider sehen wir ähnliches öfter, Alkoholkonsum ist ein großes Problem in der Mongolei.
Es geht hoch in die Berge, wir campen auf über 2000 Metern, dort hat es nur 35°. Wir haben in etwa die Hälfte der Strecke erreicht, in beide Richtungen sind es etwa 600 Kilometer bis zum nächsten Asphalt.
Wir erreichen „Altai City“, ein schlicht gottverlassenes Nest. Ein paar Plattenbauten, nichts zusammenhängendes. Wir suchen Zwiebel, Brot, Bier und Wodka. Wodka ist das einfachste und erste, was wir bekommen, dann folgt koreanisches Bier, Brot war schon recht schwer, das gab es erst im vierten Landen, Zwiebel haben wir keine gefunden.
Es folgt eine endlose, trostlose Ebene, hunderte Kilometer. Leider ist die Ebene nur im Makroskopischen eben, mikroskopisch betrachtet ist sie von Rinnen zerfurcht, die Piste windet sich in engen Kurven, ständig gibt es tiefe Löcher. Manchmal kommt die Sonne durch die Wolken, dann hat es sofort 40°C.
Wir fahren weiter und erreichen schon bald Bajanchongor, ein weiteres trostloses Aimag. Wir fahren einmal die Hauptstrasse entlang. Es sind erstaunlich viele Leute unterwegs, trotz des herrschenden Sandsturms. So finden wir den Basar, der aus einigen geöffneten Kontainer besteht, aus denen Lebensmittel verkauft werden. Allerdings gibt es kaum frische Lebensmittel, nur in einer Ecke sehen wir einige Kartoffeln und Zwiebeln, die wir gleich horten. Zwischen den Kontainern stehen einige Billardtische, die Mongolen scheinen leidenschaftliche Billardspieler zu sein.
Nebenan entdecken wir die Fleischhalle an den herumlungernden Hunden und an zwei Rinderschädel die heraus getragen werden. Die Luft riecht intensiv nach Fleisch, denn drinnen ist es nicht kühler aus außen. Ganze Schafe liegen herum, die Eingeweide werden in den Magen eingepackt und liegen bei jedem Schaf dabei. In einer Ecke hängen große Stücke Rindfleisch. Nebenan ist eine Halle in der Käse und sonstige Milchprodukte angeboten werden. Auch dort erschlägt einen fast die Luft.
Wir fahren aus dem Kaff heraus, da erwischt uns eine richtige Sandböe. Die Sicht ist quasi gleich Null, es wirbeln Sand uns Wassertropfen durch die Luft. Selbst als die Böe vorbei ist, sieht man kaum was, die Windschutzscheibe ist total eingesaut.
Wir verlassen Bajanchongor in Richtung Nord und folgen dem Bach. Wir passieren einen Ort mit einem buddhistischen Kloster. Die Landschaft ist klasse, die Piste wirklich übel, wir sind öfter in Zweifel, ob das die auf allen Landkarten eingezeichnete Piste sein kann.
Kurz vor einem Pass stehen zwei Jungs mit einem Chinesischen Tracktor, aber ohne Sprit, wir helfen ihnen aus. Sie bestätigen, dass wir auf der richtigen Piste sind.
Die Landschaft auf der anderen Passseite ist herrlich. Es gibt wunderschöne Rastplätze unter dicken Platanen am Fluss. Hier bleiben wir einige Tage.
Hinter dem Aimag Zerzehrerleg fahren wir Richtung Osten. Südlich der Piste sind schöne bewaldete Berge. Durch ein weites Tal mit Jurten steuern wir diese an um einen Nachtplatz zu finden, als die Idee aufkommt, in diese Richtung weiterzufahren zu einem Wasserfall, der im Merianheft erwähnt wird. Entweder wir finden einen Weg über die Berge, oder es wird ein netter Abstecher.
Tatsächlich finden wir problemlos einen Durchstieg in das südlicher gelegene Flusstal. Die Landschaft ist malerisch, grün, die Nordhänge bewaldet, ein weites Flusstal mit einem wilden Lavastrom an dessen Boden, überall Jurten und Vieh.
Plötzlich sehen wir viele Autos und Menschen am Flussufer und erkunden was hier los ist. Wir stellen fest, dass hier gerade der lokale Nadaam ausgetragen wird und dass gleich die ersten Reiter ins Ziel kommen. Danach ist Ringkampf angesagt. Die Szene ist echt malerisch. Nur das Wetter ist mal wieder typisch Mongolisch, zwischenzeitlich herrscht Sturm. Das Ringkampffinale ist fast nicht zu erkennen, viele haben schon den Platz verlassen
Zwei Tage später sehen wir wieder einen Nadaamplatz unweit der Strasse und schauen zu. Nadaam ist ein gesellschaftlich wichtiger Anlass. Jung und alt, Mädchen wie Jungen reiten fast ständig im Kreis um die Kampfarena und reden und scherzen miteinander. Jeder ist auf einem Pferd oder einem Motorrad.
50 Kilometer vor Ulan Bator campen wir in einem kleinen Tal zwischen den Hügeln mit einer schönen Aussicht. Wir sind melancholisch, dies ist unsere letzte Nacht auf dieser Reise in der freien Natur. Die Lerchen zwitschern uns ein vielstimmiges Abschiedskonzert.
In Ulan Bator treffen wir sofort und zufällig Helma und Eckard, die unseren Rudi übernehmen und ihn wieder nach Deutschland bringen sollen. Wir sitzen lange im Biergarten des Irish Pub.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf eine Werkstatt zu suchen, beim „Auto-Doktor“ werden wir fündig. Ein hinteres Radlager hat sich gemeldet, es wird ausgebaut. Dafür hatte ich keinen Ersatz eingepackt. Ein Mitarbeiter der Werkstatt geht deshalb mit mir auf den Autobasar. Ein passendes Kegelrollenlager ist schnell gefunden (8€), für die zwei notwendigen Dichtringe fahren wir noch etwas umher, aber es gibt in UB irgendwo einfach alles, man muss sich nur durchfragen. Da das Lenkgetriebe etwas undicht ist, wir suchen und finden ein solches. Wir ersetzen auch die schlappe Zusatzbatterie. Dass die Zusatzbatterie den Geist aufgegeben hat ist ärgerlich, es war eine gerade einmal ein Jahr alte, teure Boschbatterie.
In UB ist Nadaam, das wichtigste Ereignis im Jahr schlechthin. Rund um das Stadion ist mächtig was los. Wir schauen den Ringer, Bogenschützen und Knochenspielern zu.
Abends ist auf dem zentralen Platz von UB eine Bühne aufgebaut, auf der Musik dargeboten wird, es ist mächtig was los. Auf dem Rückweg plötzlich ein heftiger Knall, rund herum gehen alle Alarmanlagen der Autos los. Über 20 Minuten gibt es ein heftiges Feuerwerk.
Einige Tage später fährt unser Zug. Melancholisch und mit Tränen in den Augen treten wir unsere Heimreise an. Zuerst geht es in 36 Stunden nach Irkutsk, dort haben wir vier Tage Aufenthalt und fahren unter anderem zum herrlichen Baikalsee. Dann geht es weiter in vier Tagen nach Moskau. Die Fahrt in der transsibirischen Einsenbahn ist sehr angenehm. Von Moskau geht es in 36 Stunden nach Frankfurt am Main. Von Ulan Bator bis zur deutschen Grenze war der Zug pünktlich auf die Minute, zwischen Frankfurt Oder und Main schafft es der Zug auf 90 Minuten Verspätung. Der Anschlusszug ist verpasst, der Ersatzzug ist voll, und für Reisende mit Gepäck ist die deutsche Bahn eh nicht geeignet.

Es gibt eigentlich nichts, was besser hätte klappen können. Ich würde die Tour sofort nochmals genauso machen. Es gab, außer der Situation in Tadschikistan, als wir der Chinesischen Grenze etwas zu nahe gekommen waren und das Militär das nicht so lustig fand, keinerlei blöde Situationen. Die Landschaft und die Weite sind ein einzigartiges Erlebnis. Die Leute sind überall herzlich und hilfsbereit.

Unsere subjektiven Eindrücke der Länder:
Polen: viel Verkehr, viele Supermärkte.

Ukraine: der korrupteste Zoll und die korrupteste Polizei, vielleicht weltweit. Zwar soll sich einiges in den letzen Jahren verbessert haben, doch bemerken wir wenig davon.

Russland: ein sehr interessantes, inhomogenes Land. Wer denkt, hinter dem Ural fängt Sibirien und das Ende der Welt an, der irrt, wie wir. Abgesehen von Stechmücken und zum Baden einladenden, aber saukalten Seen, ein tolles Reiseland. Manche Sachen sind nicht so billig wie man denkt.

Kasachstan: Steppe, schlechte Straßen, unendliche Endfernungen und vergleichsweise triste Städte. Ein Transitland, auch wenn der Osten wesentlich abwechslungsreicher war als erwartet. Optimales Land für Atomtests, riskante „Schnelle Brüter“ und explodierende Raketen.

Usbekistan: Sehr freundliche Menschen, ein wundervolles Land mit viel Geschichte. Die positivste Überraschung der Reise, ein echtes Traumland.

Tadschikistan: Bürokratie und KGB vergraulen den Genuss der wundervollen Landschaft und der netten Bewohner. Berge, Berge, Berge und üble Bergpisten.

Kirgistan: tolle, abwechslungsreiche Landschaft. Leider haben die Bewohner und die Staatsführung den Kapitalismus und Alkoholismus etwas zu intensiv studiert.

Mongolei: wahnsinnige Landschaft. Wir haben die Ernsthaftigkeit dieses Lands unterschätzt. Die Distanzen sind gewaltig, die Pisten in üblem Zustand, eine Infrastruktur existiert nur marginal. Wenn die Mongolen nicht besoffen sind, sind sie sehr freundlich und zurückhaltend, leider sind sie oft besoffen.

Klima: rauer als erwartet. Viel Wind, tagsüber oft heiß, nach Sonnenuntergang meist kalt. Dadurch haben wir viel mehr Zeit im Auto verbracht als gewöhnlich.

Die Bilder werden ergänzt, sobald ich sie digitalisiert habe.

Bild
Gedenkstätte in Wolgograd (vormals Stalingrad)

Bild
Wolgograd

Bild
an der Wolga

Bild
Kreml in Astrachan

Bild
Wolgadelta

Bild
Wolgadelta

Bild
Aralsee

Bild
Aralsee

Bild
Ehemaliger Aralsee, heute Wüste

Bild
Chiwa

Bild
Chiwa

Bild
Chiwa

Grüße
sven
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Volker

Beitrag von Volker »

Wow, klasser Bericht! Der ist wirklich sehr lebhaft und anschaulich geschrieben. Den ersten Teil habe ich nun durch, morgen geht´s mit dem zweiten weiter. Ich bin schon gespannt.

Volker
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Bolschoje spaciba!

Mattischwili
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
Benutzeravatar
Waldmeister
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 141
Registriert: 11.10.2005 - 11:19
Wohnort: wechselnd :-)

Beitrag von Waldmeister »

:coffee:

So lang und doch so kurz.

Zwei Weißbierlängen und man will einfach nur losfahren. Super!

Grüße

Johannes
Benutzeravatar
pcasterix
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 1819
Registriert: 17.10.2006 - 22:48
Wohnort: Wesel am Rhein
Kontaktdaten:

Beitrag von pcasterix »

Hallo,

ich bin sehr beeindruckt :super: .
Pajero V60 Classic Bj. 05 auf 285/75R 16 im Erstbesitz ; Samurai Cabrio ( Allradkermit ) auf 235/75R 15 Bj. 87 mit H Kennzeichen ; Geländewohnwagen Eriba Offroadpuck auf 215/75R 15 Bj. 87 ( Umbau 2012 )
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Hallo Svoni,

die Schlange, die "sichtlich genervt ist und uns mit ihrem etwa 30 Zentimetern erhobenen Kopf in Kobramanier angreift", war sicher eine Mittelasiatische Kobra. Bild hier: http://www.naturfoto-cz.de/mittelasiati ... -1831.html

Gruß
Matti
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
Benutzeravatar
ralliralf
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 166
Registriert: 02.05.2006 - 17:06
Wohnort: Erlangen

Beitrag von ralliralf »

Einfach nur :super: :super: :super: :super: :super: :super: :super:

Gruss Ralf, der sich freut euch in LAH zu treffen

:prost:
Zu allem bereit was Spaß macht
texaner

Beitrag von texaner »

Moin zusammen,

vielen Dank für den tollen Bericht. :super: Ich hab euern Bericht an einem Stück gelesen, war richtig spannend.
Was für ein Abenteuer.
Danke dafür.
Benutzeravatar
Fazil
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 1373
Registriert: 05.12.2002 - 20:51
Wohnort: Dierdorf
Kontaktdaten:

Beitrag von Fazil »

Wwwwwaaahnsinnn !

Schöne Reise, schöner Bericht :super:

Gruss
Fazil
Annette

Beitrag von Annette »

Hi Sven,

Ja, da hast du recht - die schwäbischen Vergangenheitsformen sind sehr beschränkt:

Mir hään, ihr hään...

Ich hoffe, ich bekomme eure Fotos mal zu sehen !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Annette
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

8O :dreifragen: klar, ich kann dir auch noch meine schwäbische Briefmarkensammlung zeigen :mrgreen:

Grüße
sven

PS: Annette G. aus M.?
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
Schlappohr
Administrator
Administrator
Beiträge: 11080
Registriert: 25.03.2004 - 21:28
Wohnort: nahe Kaufbeuren
Kontaktdaten:

Beitrag von Schlappohr »

Sven hat geschrieben:ich kann dir auch noch meine schwäbische Briefmarkensammlung zeigen :mrgreen:
Hoi - was sagt denn da die Moni? :duck:

Danke für diesen Superbericht - ich habe mir das Ganze nochmal ausgedruckt und werde es noch mal in Ruhe am Freitagabend im Flieger lesen.

Gruß von
Florian M. aus M.
"Reisen ist tödlich für Vorurteile" (Mark Twain)
Pajero V20 3500 V6
EX: Pajero 3,2DID, T3 Syncro, Jeep Grand Cherokee, Chevy Trailblazer, Montero 3,5 GDI, Nissan Pathfinder R51
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

Ein Schwabe spart und baut Häusle, also hat er keine Briefmarkensammlung! :duck:
Schaffa, schaffa Häusle baua und net nach de Mädle schaua ...

Grüße
sven J aus G bei S
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
Schlappohr
Administrator
Administrator
Beiträge: 11080
Registriert: 25.03.2004 - 21:28
Wohnort: nahe Kaufbeuren
Kontaktdaten:

Beitrag von Schlappohr »

Sven hat geschrieben:Ein Schwabe spart und baut Häusle, also hat er keine Briefmarkensammlung! :
http://www.briefmarken-suedwest.de hat geschrieben:Der Landesverband Südwestdeutscher Briefmarkensammlervereine e. V. (LSW) steht für rund 11.000 Briefmarkensammler in Baden-Württemberg und der Pfalz, die sich in über 150 im Verbandsgebiet ansässigen Vereinen zusammengeschlossen haben.
vermutlich alles Einwanderer nichtschwäbischer Abstammung :duck:

Gruß
F aus M in B :lol:
"Reisen ist tödlich für Vorurteile" (Mark Twain)
Pajero V20 3500 V6
EX: Pajero 3,2DID, T3 Syncro, Jeep Grand Cherokee, Chevy Trailblazer, Montero 3,5 GDI, Nissan Pathfinder R51
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Sagt mal Ihr Beiden:

hättet Ihr nicht vielleicht ein, zwei Bildchen aus dem Altai?
Aber nur, wenn's keine Umstände macht...

Gruß
Matti
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

Hi Matti,

vor lauter Motorradfahren und -schrauben komme ich derzeit leider nicht zur Bildbearbeitung ... also bittte etwas Geduld ...

vermuskelkaterte Grüße
sven

PS: ich will euch doch nur nicht mit so schönen Bildchen und Fernweh quälen ...
PPS: dieses Pärchen haben wir an der Mongolischen Grenze kennen gelernt http://www.travel.uklinux.net/finally/P ... index.html
(URL läßt sich nicht umwandeln, da ein "!"-Zeichen drin ist)
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
lotte
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 1928
Registriert: 21.03.2005 - 23:51
Wohnort: Heiligenhaus

Beitrag von lotte »

Hi,

genial. Schlichtweg genial.
Liest sich stellenweise wie ein Krimi.


Was ist eigentlich mit Rudi ? Ist der vor Ort geblieben oder hab ich da was falsch verstanden...

Grüße,
Alex
lotte hat geschrieben:Manchmal wünsch ich mir so eine richtig simple ranzige Starrachs+Blattfeder-Kiste...
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

Hallo,

jup, Rudi fährt momentan in Ulan Bator rum und zickt leicht beim Starten, irgendwo kommt Luft in das Dieselsystem.

Wir haben ihn in Ulan Bator in die Hände von EntenEckard und seiner Frau gegeben. Die sind jetzt mit ihm durch die Mongolei gereist, ab nächste Woche macht Rudi sich gemütlich auf den Heimweg mit ein paar Abstechern.

Wir fahren und leben derweil mit Rudi II, der hat am Wochenende seinen Einstand als Campingmobil gefeiert und mußte prompt per Schlepper aus dem Matsch gezogen werden. Ohne Anhänger hätte er es sogar wohl geschaft, nur mußte halt auch der Anhänger wieder mit. Aber niemand ist aus dem grundlos tiefen Matsch ohne Hilfe herausgekommen, in den sich das Fahrerlager beim Moto Cross verwandelt hatte.

Grüße
sven
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Hallo Rudi,

auf Svens !-Link kann man ja schon sehen, wie Du mal aussehen wirst – zumindest von ferne.
Wie haben sie das bloß mit dem Umkipper geschafft?

Gr: M
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
Benutzeravatar
Ulrike
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 652
Registriert: 23.05.2006 - 20:02
Wohnort: Langenlonsheim

Beitrag von Ulrike »

Hallo Sven,

das würde mich auch mal interessieren. Ich hoffe, die beiden sind nun wirklich wieder unterwegs.

Danke für Mail und Link - habe Euch schon ausfindig gemacht. An der Site werde ich noch einige Zeit lesen.
Heute konnte ich aus berufenem Mund erfahren, dass Rudi auch schon fast auf der Heimreise ist.

Sonnige Grüße
Ulrike
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

Hallo,

ich habe sonst auch keine weiteren Infos von Angie und Phil, aber bei denen läufts grad wohl leider nicht so gut. Die haben erst in UB ewig ein Radlager für Ihren Iveco gesucht und keines gefunden. Für Rudi war ein hinteres Radlager innerhalb einer Stunde organisiert. Dann der Umkipper. Die hatten viel Gepäck dabei und relativ viel auf dem Dach und eher wenig Offroaderfahrung wie mir schien, außerdem einen recht engen Zeitplan, obwohl sie auf einer unbefristeten Reise sind :achselzuck: . Der Iveco wog reisefertig stolze 4,2 to und lief auf kleinen 7,50R16. Ich denke sie sind halt irgendwie im Matsch ins Rutschen gekommen, und dann hat sich ein Rad in einer Spurrille o.ä. verfangen und plumps. Ich hoffe ich höre demnächst mal was Positives von den Beiden.

Grüße
sven

Ein Bildchen von unserer ersten Nacht in der Mongolei:
http://www.travel.uklinux.net/finally/P ... rget4.html
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
Beda
Werkstatt-Mod
Werkstatt-Mod
Beiträge: 13733
Registriert: 19.08.2002 - 22:58
Wohnort: Lalo (Langenlonsheim)
Kontaktdaten:

Beitrag von Beda »

Hallo zusammen,
das ist natürlich sehr bedauerlich für die Beiden.

Bild

Aber lehrreich ist es auch:
Anhand des Bildes kann man sich hervorragend eine Vorstellung von den spezifischen Reifenbelastungen der einzelnen Fahrzeuge machen.
Der FIAT ist mit dieser Bereifung schon an der Grenze der Tragfähigkeit und benötigt vermutlich mindestens 3,5bar Betriebsdruck.
Diesen Druck braucht er auch, weil hier Springringfelgen und Schläuche im Einsatz sind.
Bei stark reduziertem Reifendruck würden ständig die Schläuche durch Reiben gegen Reifen und Felge zerstört werden.
Dazu kommt, daß die Felgen und Reifen extrem schwer sind.
Das alles zusammen bedeutet auch eine hohe Belastung für die Radlager.
Rudi dagegen mit den 33ern hat Riesenreserven in der Tragfähigkeit und kann im Normalfall mit rund 2bar alle Untergründe befahren.
Auf Sand z.B. auch mit viel weniger, dank schlauchloser Montage.

Scheinbar hat es auch Vorteile in der Ersatzteilversorgung, mit einem weltweit bekannten Japanmobil unterwegs zu sein.

Vermutlich ist da, wo Rudi noch bequem dahin latscht, im FIAT schon fast "LetzteRille".
Grüße vom Galloperflüsterer ohne Galloper

Beda

Bilder & Dateien nicht sichtbar?
Folge des technischen Fortschritts & deiner Sicherheitseinstellungen.
Mit "Rechts anklicken" und "Öffnen in neuem Fenster" oder "Link kopieren" und in neuem Tab öffnen!
Benutzeravatar
Sven
Ex-Mod
Ex-Mod
Beiträge: 5978
Registriert: 19.02.2003 - 13:30
Wohnort: Hohenlohe-Franken, where the streets have no name ...
Kontaktdaten:

Beitrag von Sven »

Beda hat geschrieben:Vermutlich ist da, wo Rudi noch bequem dahin latscht, im FIAT schon fast "LetzteRille".
:oops: jup, so haben wir die beiden dann letzendlich auch verloren, als ich vorausgefahren bin ... die haben dann an einem Schlammloch kehrt gemacht, bei dem ich den allrad eingelegt habe ...

Die 33er gehen aufgrund des großen Hebels und der nicht geringen Masse allerdings auch auf die Lebensadauer von Radlager und Lenkung.

Grüße
sven
Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch!
Benutzeravatar
Beda
Werkstatt-Mod
Werkstatt-Mod
Beiträge: 13733
Registriert: 19.08.2002 - 22:58
Wohnort: Lalo (Langenlonsheim)
Kontaktdaten:

Beitrag von Beda »

Sven hat geschrieben: Die 33er gehen aufgrund des großen Hebels und der nicht geringen Masse allerdings auch auf die Lebensadauer von Radlager und Lenkung.

Grüße
sven
Völlig richtig Sven,
gleichzeitig schlucken sie aber die Millionen kleiner harter Stöße, die solche Betonräder einfach weitergeben.
Grüße vom Galloperflüsterer ohne Galloper

Beda

Bilder & Dateien nicht sichtbar?
Folge des technischen Fortschritts & deiner Sicherheitseinstellungen.
Mit "Rechts anklicken" und "Öffnen in neuem Fenster" oder "Link kopieren" und in neuem Tab öffnen!
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Völlig richtig. Allerdings muß ich als Ex-Daily-Fahrer doch bitten, das Auto nicht als Fiat zu bezeichnen. Fiat war nur eine Komponente für Iveco.

Gell!
Matti
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
Benutzeravatar
Beda
Werkstatt-Mod
Werkstatt-Mod
Beiträge: 13733
Registriert: 19.08.2002 - 22:58
Wohnort: Lalo (Langenlonsheim)
Kontaktdaten:

Beitrag von Beda »

Oh Entschuldigung!
Läuft Dir da nicht das Wasser im Mund zusammen:

http://www.iveco-communication.com/medi ... 35s18w.pdf

Bild

Ich vermisse aber die Untersetzung. Im Text steht kein Wort zum Antrieb.

.....und der passende Reifen dazu:
Artikel: 325/80R16 124/121Q Cooper Discoverer STT
Reifenmarke: Cooper
Beschreibung: Cooper Discoverer STT 325/80R16 124/121Q
Artikelnummer: 3258016QCOOSTT2
Reifentyp: Mud Terrain Reifen
Einzelpreis: 318.00 EUR
inkl. 19.00% MwSt
zzgl. 6,00 € Versand


Technische Daten Reifen

Einsatzgebiet Straße / Gelände: 20% / 80%
zul. Felgenmaulweite: 8,5-11 Zoll
Reifenbreite: 332 mm
Reifendurchmesser: 934 mm
Abrollumfang: 2934 mm
Tragfähigkeit: 1600 kg
zul. Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
M+S-Kennung: Ja
Profiltiefe: mm
Seitenwandbeschriftung: weiße Konturbeschriftung
Grüße vom Galloperflüsterer ohne Galloper

Beda

Bilder & Dateien nicht sichtbar?
Folge des technischen Fortschritts & deiner Sicherheitseinstellungen.
Mit "Rechts anklicken" und "Öffnen in neuem Fenster" oder "Link kopieren" und in neuem Tab öffnen!
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Hallo Beda,

diese Designmonster berühren mich nicht mehr besonders. Ein optimierter V20 schon eher...
Passende Reifen für den Daily gäbe es schon, ja. Wie auch hier zu sehen:

Bild

Gr: M
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
EntenEckard
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 13
Registriert: 05.03.2006 - 17:45
Wohnort: Rhein-Main
Kontaktdaten:

Hallo

Beitrag von EntenEckard »

Hallo an alle Interessierten :D

ich bin seit Freitag zurück aus der Mongolei, wo ich Eckard u. Rudi leider zurücklassen musste :(
Es war eine phantastische, sehr eindrucksvolle Reise durch ein sehr archaisches Land....und Rudi hat uns sehr zuverlässig durch dick (übelste, felsige Steigungen etc.) und dünn (Flussdurchfahrten u. matschige Pisten) gebracht. Wir hatten Riesenglück mit dem Wetter, überwiegend trocken u. heiß, höchstens 3x Regen. Wir sind in den 5 Wochen 3.500 km gefahren (davon nur ca. 200 km Asphalt), manchmal nur mit 10-15 km/h. Ich musste stellenweise schon mal die Augen zumachen, obwohl ich nicht zimperlich bin;)
Aber Rudi mit seinen Superreifen u. Eckards Fahrkünste haben das alles gemeistert.

Eckard u. Rudi müssten heute am Baikalsee ankommen. Der Grenzübertritt hat 5 Stunden gedauert, es hat keine Probleme gegeben.

Viele Grüße

Helma
Benutzeravatar
Matthias
Moderator
Moderator
Beiträge: 9604
Registriert: 04.06.2002 - 22:25
Wohnort: Zell

Beitrag von Matthias »

Hallo Helma,

willkommen in der Heimat! Und auf daß Dir die Eckard-lose Zeit nicht zu lang werde!

Grüße
Matthias
Iveco TurboDaily 40.10 4x4 "Dormobil" 1999 219.000 km. Ich glaube ich muss mal meine Signatur ändern ...
ex oriente lux · cedant tenebræ soli
Antworten