Falsche Umweltplakette berechtigt zum Kaufrücktritt

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Falsche Umweltplakette berechtigt zum Kaufrücktritt

Beitrag von Beda »

autorechtaktuell.de hat geschrieben: Falsche Umweltplakette berechtigt zum Kaufrücktritt
Umweltplakette ist rechtlich als Beschaffenheitsvereinbarung zu werten

03.05.12 | Autor: autorechtaktuell.de


Erfüllt ein mit grüner Umweltplakette bestückter Gebrauchtwagen nicht die damit verbundenen emissionstechnischen Eigenschaften, so ist das Fahrzeug mangelhaft. Trotz vertraglich vereinbartem Gewährleistungssusschluss berechtigt dieser Sachmangel dern Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem jetzt veröffentlichten Berufungsurteil (Urteil vom 22.12.2011, AZ: I-22 U 103/11) entschieden.

Im vorliegenden Fall hatte ein Autofahrer (Kläger) von einem Privatmann einen mit grüner Umweltplakette bestückten Gebrauchtwagen gekauft. Da er im Verkaufsgespräch nicht darüber informiert wurde, dass das Fahrzeug aufgrund der emissionstechnischen Eigenschaften keine grüne Umweltplakette führen durfte, begehrte er die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Der Verkäufer (Beklagter) berief sich indessen auf den im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss.

Das vorinstanzliche Landgericht (LG) Wuppertal sah zwar in der fehlenden Berechtigung zum Führen einer grünen Umweltplakette einen Sachmangel, verneinte jedoch aufgrund des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses die Haftung der Beklagten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kam als Berufungsinstanz zu einem völlig anderen Urteil. Die Düsseldorfer Richter bejahten sowohl das Vorliegen eines Sachmangels als auch die Haftung der Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung. Die Klage des Gebrauchtwagenkäufers hatte somit vollen Erfolg.
Auszüge aus der Urteilsbegründung

„… Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass das Fahrzeug einen Sachmangel im Sinne des § 434 Nr. 2 BGB aufweist. Der Sachmangel liegt darin, dass das Fahrzeug nicht dazu berechtigt ist, die grüne Umweltplakette zu führen.

Eine ausdrückliche Vereinbarung über eine solche Beschaffenheit haben die Parteien zwar nicht getroffen. Unstreitig trug das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages jedoch eine grüne Plakette. Eine solche ist typischerweise bei der äußeren Besichtigung erkennbar, da sie deutlich sichtbar an der Frontscheibe angebracht wird. Die Frage, welche Zugangsberechtigung aufgrund der Plakette, insbesondere zur Einfahrt in Innenstädte, besteht, ist von allgemeiner Bedeutung. Regelmäßig ist deshalb auch ohne ausdrückliche Gespräche hierüber konkludent vereinbart, dass das Fahrzeug berechtigt ist, die Plakette zu führen, die zum Zeitpunkt des Verkaufs angebracht ist ... Der Käufer eines entsprechenden Pkw kann deshalb davon ausgehen, dass die für die Erteilung der Plakette erforderlichen Werte von dem Fahrzeug auch tatsächlich eingehalten werden. Vergleichbar der TÜV-Untersuchung wird durch die Plakette dokumentiert, dass das Fahrzeug auch dem hierdurch bescheinigten Zustand entspricht ...

Hinzu kommt vorliegend, dass im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen das Vorhandensein einer grünen Plakette besondere Bedeutung erlangt hat. Entsprechend der Erklärungen des Klägers … ist davon auszugehen, dass bei den Vertragsverhandlungen der Verkäufer telefonisch erklärt hatte, der Wagen verfüge über eine grüne Plakette ... Die Erklärung, eine grüne Plakette sei vorhanden, hat aber nicht nur den Charakter einer reinen Wissenserklärung, die sich darauf bezieht, dass eine solche Plakette am Fahrzeug angebracht ist. Sie hat im Rahmen von Verkaufsverhandlungen ... auch die Bedeutung, dass das Fahrzeug ... tatsächlich berechtigt ist, die grüne Plakette zu führen.

Die Parteien haben im Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Ein solcher Gewährleistungsausschluss ist zulässig und für den Privatverkäufer auch im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich. Danach ist die Haftung für Mängel des Fahrzeugs grundsätzlich ausgeschlossen.

Ein solcher pauschaler Haftungsausschluss ist aber regelmäßig – und so auch hier – dahingehend auszulegen, dass er nicht für eine bestimmte, von den Parteien getroffene Beschaffenheitsvereinbarung gilt (vgl. BGH, NJW 2007). Der beklagte Verkäufer kann sich deshalb hinsichtlich der fehlenden Berechtigung, die grüne Plakette zu führen, nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen ...“
Praxis

Für die Praxis ist deshalb zu beachten, dass bereits das Vorhandensein einer Umweltplakette auf einem gebrauchten Fahrzeug rechtlich als Beschaffenheitsvereinbarung über die emissionstechnischen Daten des Fahrzeugs verstanden werden kann. Diese fällt nicht unter den allgemeinen vertraglichen Haftungsausschluss.


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