die leidige im Alter schwächelnde Aufrollmechanik unserer Sicherheitsgurte ärgert mich schon das ganze Autoleben und ich habe erfolglos so einige Zeit mit Tante Google nach einer Lösung gesucht.
Spätestens seit mein Töchterchen beim Zuschmeißen einer Tür bei heraushängendem Gurtschloss so richtig aufwendigen Schaden gemacht hat, ist diese Materialschwäche für mich ein absoluter Aufreger. Selbst nach umfangreicher Entbeulung, Spachtelei und ordentlicher Neulackierung ist das Problem ja nicht aus der Welt. Im Bild der L200 nach dem Spachteln.
So hat mir mein Luca einmal einen Gurt aus einem L200 Bj. 2002 ausgebaut und ich wollte diesen sezieren, doch so weit musste es gar nicht kommen. Im Bild sichtbar der abgewickelte Gurt mit innerer Rolle in Plaste und Metallstift (roter Pfeil) in umgenähtem Gurtende.
Bei fast ganz abgerolltem Gurt ergibt sich eine Zugkraft von etwa 900 Gramm, in eingerolltem Zustand (Endlage) bleiben noch etwa 300 Gramm. Die Meßtechnik ist natürlich nicht perfekt sondern eher vergleichend von Nutzen, auch hat der Probegurt nach rund 80.000 Km ein noch relativ "unverbrauchtes" Leben.
So kann man nach Entnahme des Gurtes die Hülse wunderbar um eine Umdrehung weiter drehen und den Gurt wieder einfügen - doch dazu später mehr. Die Pfeile im Bild zeigen den Sicherheitsstift zur Federbremse.
Im nachfolgenden Bild erkennt man eine Zugkrafterhöhung um etwa 180 Gramm bei einer Umdrehung der inneren Rolle. Halbe Umdrehungen verbieten sich , da die Lasche dann nicht in die Vertiefung käme.
Da die Bastelei so schnell ging, habe ich gestern gegen 18.45 Uhr noch beschlossen die vorderen Gurte am Pajero noch fix vor der Tagesschau zu straffen. Hier die Kurzanleitung am Fahrzeug:
Werkzeugbedarf: ein sehr ordentlicher Kreuzschlitzschraubendreher PH2, eine 4/8 Zoll Ratsche mit 17 Nuss, ein langer dünner Schraubendreher oder fester Draht, eine Klammer zum Gurt halten.
Schrauberausbildung: entfällt oder nur Grobmotorikerlehrgang für obige Werkzeuge erforderlich
Zeitaufwand: ca. 20 Minuten für den ersten Gurt und für jeden weiteren Gurt 3 Minuten weniger.... ja ich weiß - beim 7. Gurt ...
Durchführung beim 1998er Pajero Sport (im Vorfeld wurden ca. 200 bis 240 Gramm restliche Zugkraft bei eingewickeltem Gurt gemessen):
Die zwei je nächstliegenden Schrauben der Einstiegsleiste zur B-Säule werden entfernt und die innerer Verkleidung der B-Säule nach oben innen abgezogen. Es ergibt sich etwa dieses Bild.
Vorab evtl. eine Klammer am Gurtaustritt der Rolle befestigen.
Kreuzschlitzschraube mit viel Druck (nur in Blech gedreht) entfernen und die 17er Schraube lösen. Gurtrolle mit Verkleidungsdose entnehmen.
Aber Achtung! Wenn der Gurt losgelassen wird, kann er sich weiter aufrollen und im ungünstigsten Fall, irgendwo anliegend nicht durch Abwickeln des Gurtes befreit werden. Es muß immer Platz sein die Gurtrolle gerade und aufrecht ausrichten zu können, da ansonsten der Gurtabroller gesperrt werden könnte. Die Verkleidungsdose hat nur zwei Haken und kann problemlos gelöst werden.
Den Gurt ganz abrollen und den Sicherungsstift einführen. Die Gurtlasche kann durch Schieben des Gurtes an der Rückseite der Hülse befreit werden. Notfalls mit stumpfem Werkzeug etwas drücken, bei mir war dies nie notwendig. Den Stift aus der Lasche nehmen und die Lasche durch den Schlitz ziehen. Im Bild sichtbar die "ältere" Konstruktion beim Pajero mit Metallhülse aber Plastestift.
Nun kann die Rolle um eine Umdrehung gegen die Feder gedreht und alles wieder zusammengefügt werden. Die Lasche muß immer in die Vertiefung (im Bild gut zu erkennen), damit ergeben sich nur Nachspannungen um eine volle Umdrehung. Aus aktuellem Anlass erwähne ich, daß die 17er Gurtschraube beim Pajero Sport von 1999 mit 44 Nm wieder anzuziehen ist. Für die Schlitzschraube und die Schrauben der Fußleisten lagen mir leider keine Anzugdrehmomente vor.
Bei mir ergab sich somit eine neue Zugkraft von etwa 390 Gramm und damit eine Verstärkung des Anzuges um rund 150 Gramm.
Sicher muß ich nicht extra erwähnen, daß ich nach ordentlichem Aufräumen pünktlich zur Tagesschau "zu hause" war.
Die Verkleidung meiner Fahrerseite habe ich jedoch noch offen gelassen, da noch Versuche mit einer zweiten Umdrehung für die Wissenschaft geplant sind....
mit Grüßen von Kay, mit der straffen Gurtaufrollmeschanik
PS: Neben dem Kauf so einiger bereits erwähnter Werkzeuge, gehört diese Bastelei bei mir nunmehr unbedingt die Rubrik: "Warum nur nicht schon eher im Leben"
PPS: Gewiß sind natürlich alle Arbeiten an den Gurten sowie auch an den Fahrzeugen an sich strikt verboten aber, deshalb gilt wie immer:
PPPS: Über die weitere Entwicklung des Versuches, im Gurt festgeklemmte Fahrer oder mit lautem Knall geplatzte Federn halte ich Euch natürlich auf dem Laufenden.Beda hat geschrieben:Liebe Kinder! Nicht nachmachen!